Was man im Vorfeld der Beauftragung eines Anwaltes bestenfalls schon getan haben sollte.
Einführung:
Sie haben eine Geldforderung und der Schuldner zahlt nicht? Was tun? Gleich zum Anwalt? Oder doch lieber selbst mahnen, aber in welcher Form? Reicht per eMail, oder doch lieber per Einwurf-Einschreiben oder besser Einschreiben mit Rückschein?
Welche Voraussetzungen müssen eigentlich gegeben sein, dass man die Zahlung tatsächlich verlangen, und dann auch durchsetzen kann? Und wie ist das mit der Erstattungsfähigkeit von Anwalts- und Gerichtskosten?
Dieser Beitrag möchte einen Überblick über die oben aufgeworfenen Fragen geben und insbesondere beantworten, was man im Vorfeld der Beauftragung eines Anwaltes bestenfalls schon getan haben sollte.
Kurz und knapp:
Ein Gläubiger möchte die ihm zustehende Zahlung vom Schuldner erhalten. Hierfür ist zunächst unerlässlich, dass der Schuldner noch existiert, mindestens aber einen Rechtsnachfolger hat.
Rechtlich ist weiter erforderlich, dass die Geld-Forderung auch tatsächlich entstanden und fällig ist und auch, dass sich die Forderung nicht (zB durch Zahlung oder Aufrechnung) erledigt hat. Auch darf der Schuldner keine Einreden gegen die Forderung geltend machen (zB Verjährung). Will man einen erlittenen Schaden oder zur Geltendmachung der Forderung notwendige Aufwendungen (wie zB vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten) vom Schuldner zusätzlich verlangen, setzt dies im Zweifel den Verzug des Schuldners voraus.
Tatsächlich ist Voraussetzung, dass der Schuldner überhaupt zahlungsfähig ist. Denn auch ein Gerichts-Urteil zu Gunsten des Gläubigers ist „nicht das Papier wert, auf dem es geschrieben ist“, falls der Schuldner nicht genug Vermögen hat, die Forderung zu begleichen.
Zuletzt kommt es auch entscheidend darauf an, dass man den bestehenden Anspruch auch beweisen kann!
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Im Einzelnen:
1. Schuldner
Sie müssen die notwendigen Informationen über Ihren Schuldner kennen. Dies gilt insbesondere für die aktuellen Adressdaten, den Namen, Firma und Rechtsform sowie sonstige Informationen. Bei vertraglichen Ansprüchen findet man diese meist im Text des Vertrages oder auch im Impressum der Schuldner-Website, soweit vorhanden. Die Daten sind auf Aktualität zu prüfen. Bei Unternehmern kann, soweit eine Eintragung existiert, auch das Handelsregister zu Rate gezogen werden.
Insbesondere für eine gerichtliche Durchsetzung der Forderung ist eine zustellungsfähige Anschrift in Deutschland unerlässlich, da ein deutsches Gericht nicht im Ausland zustellen kann.
Stirbt der Schuldner, gehen die zum Todeszeitpunkt bestehenden Verbindlichkeiten grundsätzlich auf den oder die Erben über (Rechtsnachfolger). Ist der Schuldner eine Gesellschaft, gilt dies auch bei Umwandlungen der Gesellschaft. Umfirmierung und Sitzverlegung tangieren die vorher entstandenen Verbindlichkeiten ebenfalls nicht.
2. Fällige und durchsetzbare Forderung
Die Forderung muss entstanden und darf nicht wieder erloschen sein. Erlöschen könnte sie zB durch Erfüllung, Verzicht oder in sonstiger Weise, zB durch Aufrechnung. Das bedeutet (im Vertragsrecht), dass Gläubiger und Schuldner entweder die Zahlungspflicht ausdrücklich vereinbart haben müssen (zB Kaufpreiszahlung), oder sich die Forderung rechtlich auf eine andere Anspruchsgrundlage stützt, zB Schadenersatz, Minderung oder Rückabwicklungsansprüche (usw.).
Die Forderung muss auch fällig sein, dh. Der Schuldner muss die Zahlung auch bereits jetzt beanspruchen können. Manchmal hängt die Fälligkeit einer Forderung von einer vertraglichen Fälligkeitsvereinbarung ab (zB „Der Kaufpreis ist fällig am 01.01.2024“). Manchmal ist Voraussetzung für die Fälligkeit aber auch eine sonstige Handlung, zB die Erklärung einer Kündigung, des Rücktritts, der Minderung oder des Widerrufs, jeweils verbunden mit einer Zahlungsaufforderung.
An der Fälligkeit kann es ggf. fehlen, wenn die eigentlich schon fällige Forderung vom Gläubiger nachträglich gestundet wurde. Wurde sie auf bestimmte Zeit gestundet, ist dieser Termin abzuwarten. Wurde auf unbestimmte Zeit gestundet, müsste die Fälligkeit erst wieder durch Kündigung der Stundung – zB konkludent möglich durch erneute Zahlungserinnerung – wiederhergestellt werden.
Einwendungen gegen die Forderung sind von Rechtswegen zu berücksichtigen. Hierzu zählt zB die (teilweise) Erfüllung der Forderung, die u.a. auch durch wirksame Aufrechnung mit einer Gegenforderung eintreten kann. Die Beweislast für das Bestehen von Einwendungen trägt allerdings der Schuldner.
Sowohl das Bestehen der Forderung als auch deren Fälligkeit sollte der Gläubiger nachweisen können. Dies geht zB durch Vorlage der vertraglichen Grundlage (zB unterschriebener Vertrag) oder durch Benennung von Zeugen.
3. Nachweis des Zugangs
Hängt die Forderung, deren Fälligkeit oder der Schuldner-Verzug von dem Zugang einer Erklärung (zB Kündigung, Rechnungstellung, Mahnung) ab, hat der Gläubiger im Zweifel auch den Zugang beim Schuldner zu beweisen.
Zugang kann man am besten durch Einwurf-Einschreiben nachweisen. Beim Einschreiben/Rückschein kann der potenzielle Empfänger die Entgegennahme ablehnen oder das Einschreiben nicht bei der Post abholen. Dies geht beim Einwurf-Einschreiben nicht, da dort der Postbote die Übergaben oder das Einlegen in den Briefkasten auf dem Briefumschlag vermerkt und auch intern dokumentiert. Mit dem Einschreibebeleg kann man online über Post.de bis zu 3 Monate seit Gabe zur Post, den Status des Einschreibens abrufen. Der Schuldner sollte sich den Zugang (per screen shot oder durch Ausdruck) dokumentieren, um einen dauerhaften Nachweis für den Zugang vorlegen zu können. Alternativ kann auch ein Zeuge für den Zugang (nicht für die Gabe zur Post) angegeben werden.
Vorteilhaft ist auch immer die Kommunikation über eMail, soweit eine eMail-Adresse des Schuldners bekannt ist. Denn der Versand einer eMail hat jedenfalls starke Indizwirkung für die Annahme, dass die Nachricht auch zugegangen ist.
Zu beachten sind jedoch etwaige Formerfordernisse! Eine eMail kann zB keinem Schriftformerfordernis genügen. Ist im Vertrag zB geregelt, dass die Kündigung „schriftlich“ zu erfolgen habe, wäre eine eMail im Zweifel nicht ausreichend.
4. Sonstige Hindernisse, Insolvenz(reife), Verjährung
Der erfolgreichen Durchsetzung der Forderung können auch noch andere Hindernisse entgegenstehen. Oftmals ist der Schuldner schlicht nicht zahlungsfähig und hat keine pfändbaren Vermögensgegenstände. Hat man in dieser Lage einen gerichtlichen Titel (zB Urteil), hat man theoretisch 30 Jahre Zeit (Wirksamkeitsspanne des Urteils) für die Erfüllung der Hoffnung, der Schuldner „werde schon irgendwann wieder zu Geld kommen“. Dieser „Plan geht“ jedoch nur „auf“, solange über das Vermögen des Schuldners nicht das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, da dann die Forderung (mangels Sicherung) im Zweifel – wenn überhaupt – nur mit der Insolvenzquote zwischen 0-2 % erfüllt werden wird.
Liegt die erstmalige Fälligkeit einer Forderung schon Jahre zurück, könnte auch Verjährung eingetreten sein. Die Regelverjährung läuft drei Jahre und beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem die Fälligkeit eingetreten ist und der Gläubiger von seinem Anspruch Kenntnis erlangt hat.
Beispiel: Vertragsschluss und Fälligkeit sind am 15.02.2023 erstmals gegeben. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt damit am 01.01.2024 und endet mit Ablauf des 31.12.2026. Die Forderung wäre damit am 01.01.2027 verjährt, falls die Verjährung nicht (zB durch laufende Verhandlungen der Parteien oder durch Zustellung einer den Anspruch betreffenden Klage beim Schuldner) gehemmt wurde oder (zB durch nachträgliche erneute Anerkenntnis der Schuld) neu begonnen hat.
5. Erstattungsfähigkeit von Anwalts- und Gerichtskosten, Verzug des Schuldners
Das Gesetz sieht grundsätzlich eine Erstattungsfähigkeit von Anwalts- und Gerichtskosten vor. Gerichtskosten fallen natürlich nur bei Inanspruchnahme des Gerichtes, nicht also bei vorgerichtlichen Streitigkeiten an. Im Klageverfahren trägt derjenige die Kosten, der unterliegt, also verliert. Verliert man teilweise, trägt man auch in dieser Quote die Kosten. Im gerichtlichen Verfahren geht es immer um die Gerichtskosten und die Anwaltskosten beider Seiten, die am Ende entsprechend der gerichtlich festgesetzten Kostenquote auszugleichen sind.
Außergerichtliche Kosten können nur erstattungsfähig sein, wenn die Voraussetzungen einer entsprechenden Anspruchsgrundlage vorliegen. In Betracht kommt hierbei meist ein Schadenersatzanspruch, oft derjenige des Verzuges. Will man als Gläubiger also zusätzlich zu seiner Forderung auch noch vorgerichtliche Anwaltskosten ersetzt haben, muss man im Zweifel darlegen und beweisen können, dass der Schuldner im Verzug der Leistung war. Im Vertrag kann man bei Vereinbarung einer „kalendermäßig bestimmten Fälligkeit“ mit aufnehmen, dass Verzug automatisch mit Ablauf des Fälligkeitstages eintritt. Hat man dies (wie meist) jedoch nicht vereinbart, bedarf es für den Verzugseintritt einer Mahnung. Der Verzug tritt mit Zugang (zum erforderlichen Nachweis s.o.) der einfachen Mahnung ein. Insoweit reicht es, wenn die Mahnung per Einwurf-Einschreiben versendet wird, um den genauen Verzugseintritt zu bestimmen.
Hat der Gläubiger jedoch viele Mahnungen an verschiedene Gläubiger zu versenden, können sich die Kosten für Einschreiben zu einem echten Kostenblock entwickeln, sodass viele Unternehmer auf den Versand von eingeschriebenen Mahnungen verzichten.
Der Zugang ist jedoch auch hier im Zweifel zu beweisen, weshalb auch eine Mahnung per eMail ein gangbarer Weg sein kann.
Alternativ kann man auch eine letzte Frist zu Zahlung setzten. In diesem Fall tritt die Fälligkeit mit Ablauf der Frist ein.
Bei den vorgerichtlichen Anwaltskosten ist zu beachten, dass nur die Gebühren nach Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) von der Gegenseite erstattet werden müssen. Geht die geschlossene Vergütungsvereinbarung über die gesetzlichen Gebühren hinaus, muss dies der Mandant selbst tragen.
Anwaltskosten für die „Verteidigung“ gegen (auch unbegründete) Forderungen Dritter sind übrigens im Zweifel nicht vom Anspruchsteller zu erstatten.
Fazit:
Das Glück ist oft mit denen, die gut vorbereitet sind. Der Gläubiger „tut gut daran“, alle nötigen Informationen und Belege im Vorfeld zusammenzutragen und insbesondere die Gegenseite schonmal durch Mahnung in Verzug zu setzen, bevor ein Anwalt mit der Sache betraut wird. „A und O“ ist am Ende u.a. die Beweisbarkeit der Ansprüche.Nach Erfüllung der beschriebenen Kriterien und Ablauf der dem Schuldner ggf. gesetzten Frist, steht der Beauftragung eines Anwaltes nichts mehr entgegen. Unsere CHECK-LISTE zum download finden Sie hier!