Rechtliche Tücken bei der Beratung von GbRs

insb. im Vergleich zwischen Steuer- und Gesellschafts- bzw. Erbrecht

I. Einführung

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist schnell und unkompliziert gegründet. Nötig ist nur, dass sich mindestens zwei Personen über einen gemeinsamen Zweck verständigen und diesen durch Beiträge der Gesellschafter verfolgen. Dies funktioniert gleichsam bei operativen und vermögensverwaltenden GbRs. Es ist allerdings Vorsicht geboten. Es sollte bei Gründung und Betrieb nicht allzu sorglos vorgegangen werden!

II. Problemstellungen / Dringende Empfehlungen

Auch wenn GbRs ohne einen schriftlichen oder textförmlichen Gesellschaftsvertrag gegründet und betrieben werden können, ist klarzustellen, dass das langfristige Betreiben einer GbR ohne rechtlich fundierten Gesellschaftsvertrag auf keinen Fall zu empfehlen ist.

Vermutlich 100 % der Mandanten und auch viele Steuerberaterkollegen sind sich nicht der enormen zivil- und steuerrechtlichen Fallstricke bewusst, wenn sich die Gesellschafter auf die Gesetzeslage im GbR-Recht verlassen und eben keinen ausdrücklichen Gesellschaftsvertrag schließen.

Insbesondere bei Immobilien-GbRs fielen in jüngster Vergangenheit vermehrt die tatsächlichen Auswirkungen der unterschiedlichen Bewertung zwischen Gesellschafts- und Steuerrecht mit teilweise erheblicher Tragweite auf.

Durch die ab dem 01.01.2024 geltenden Änderungen des Personengesellschaftsrechtes (MoPeG) werden die hier thematisierten Fallstricke nur unzureichend beseitigt. Denn ab dem 01.01.2024 wird zwar der Tod eines GbR-Gesellschafters allein – anders als in der noch bis zum 31.12.2023 geltenden Fassung – nicht mehr zur Auflösung der GbR führen, falls noch mindestens zwei Gesellschafter für die Weiterführung der GbR verbleiben. Doch auch ab dem 01.01.2024 bleibt der Grundsatz des Personengesellschaftsrechts bestehen, dass es für eine Personengesellschaft mindestens zwei Gesellschafter braucht. Verstirbt der vorletzte Gesellschafter, sieht auch das neue Recht die liquidationslose Auflösung der GbR qua Gesetz vor.

Allen GbR-Gesellschaftern und Beratern sei empfohlen, künftig im Zusammenhang mit GbRs im Allgemeinen und insbesondere mit Immobilien-GbRs auf folgende Aspekte besonders zu achten:

  • Es ist dringend bei ALLEN GbRs der Abschluss eines GbR-Vertrages zu empfehlen, der insbesondere vorsieht, dass die GbR nicht durch Tod eines Gesellschafters aufgelöst wird und dass die GbR-Beteiligung des verstorbenen Gesellschafters auf dessen (ggf. qualifizierte) Erben oder Vermächtnisnehmer übergeht.
  • Im Übrigen ist dringend zu empfehlen, sicherzustellen, dass eine Immobilien-GbR auch tatsächlich (als GbR) im Grundbuch steht und nicht etwa die Gesellschafter der GbR privat.

III. Beispiele und Darstellungen im Einzelnen

A. Beispiel 1 (Grundfall):

Eine GbR besteht aus zwei hälftig beteiligten Gesellschaftern. Die GbR hat die gewerbliche Vermietung von Wohnraum zum Gegenstand. Einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag gibt es nicht. Zusätzlich ist bemerkenswert, dass die Immobilie, auf deren Vermietung sich die GbR bezieht, laut dem Grundbuch nicht im Eigentum der GbR, sondern vielmehr in hälftigem Miteigentum der GbR-Gesellschafter („privat“) steht.

Bewertung:

Steuerlich ist es irrelevant, ob die GbR selbst im Grundbuch steht, oder ob die Gesellschafter je hälftig im Grundbuch stehen.

Zivilrechtlich hingegen ist die Eigentumszuweisung von erheblicher Relevanz. Praktische Auswirkungen entfaltet diese Beurteilungsdiskrepanz zwischen Steuerrecht und Zivilrecht insbesondere im Falle des Versterbens eines der Gesellschafter.

Idealfall des Zivil- und Gesellschaftsrechtes wäre es, wenn (a) das Grundstück im Eigentum der GbR steht, die GbR also im Grundbuch eingetragen ist und (b) ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existiert, in dem insbesondere geregelt ist, dass bei Versterben eines Gesellschafters die GbR nicht aufgelöst, sondern mit den Erben oder Vermächtnisnehmern des verstorbenen Gesellschafters fortgeführt wird.

In diesem Idealfall bliebe also die GbR bestehen und würde mit den Erben oder Vermächtnisnehmern des verstorbenen Gesellschafters fortgeführt. Es bedürfte im Übrigen auch keiner Übertragung des Immobilienvermögens (Notarkosten gespart), da die GbR nach wie vor als Eigentümerin der Immobilien existiert. Dies hat im Erbfall eine enorm gesteigerte Flexibilität der Hinterbliebenen zur Folge, wodurch auch steuerlich viel einfacher post mortem gestaltet werden kann. Die durch die Erben oder Vermächtnisnehmer fortgeführte GbR-Beteiligung kann auch u.U. der Betriebsverschonung nach § 13a ErbStG unterfallen.

ßà   Unser o.g. Beispiel 1 (kein GbR-Vertrag, GbR steht nicht im Grundbuch) hingegen ist der „Worst Case“. Denn ohne GbR-Vertrag können keine GbR-Anteile auf die Erben oder Vermächtnisnehmer übergehen. Im Übrigen wird die GbR im Falle des Todes eines Gesellschafters aufgelöst. Auch wenn anzunehmen ist, dass der eigentliche Wille der bisherigen Gesellschafter gewesen wäre, dass die GbR mit den Erben oder Vermächtnisnehmern fortgesetzt wird, kann dies insbesondere bei Immobilien-GbRs nicht in der für die Eintragung im Grundbuch erforderlichen Form nachgewiesen werden.

Wird die GbR durch Tod des vorletzten Gesellschafters qua Gesetz aufgelöst, führt dies dazu, dass das Vermögen der GbR auf die verbleibenden Gesellschafter anwächst (gesellschaftsrechtliche Anwachsung, KEIN Übergang nach Erbrecht, hierzu siehe auch unten „Beispiel 2“).

Steht das Grundstück nicht im Eigentum der GbR selbst, sondern im Eigentum der Mitgesellschafter, würde der überlebende Gesellschafter in unserem Beispiel 1 den eigenen Miteigentumsanteil behalten und der andere Miteigentumsanteil des verstorbenen Gesellschafters würde auf die Erben oder Vermächtnisnehmer übergehen, die nicht mit dem verbleibenden Mitgesellschafter identisch sein müssen. Dadurch entsteht schnell eine Situation, in der das Eigentum am Grundstück und die Gesellschafterstellung auseinanderfallen, was steuerrechtlich ggf. zu unerwünschten Folgen führen kann.

B. Beispiel 2 (Abwandlung):

Eine gewerbliche GbR hat zwei Gesellschafter, die miteinander verheiratet sind. Einen GbR-Vertrag gibt es nicht. Das Berliner Ehegattentestament sieht jedoch vor, dass der Längerlebende Ehegatte Alleinerbe wird. Der Ehemann verstirbt.

Bewertung:

Stirbt der Ehemann vorzeitig, wird die Ehefrau testamentarische Alleinerbin.

Dies gilt aber nicht für den GbR-Anteil ihres Mannes. Denn die GbR erlischt mit Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters (woran sich auch ab dem 01.01.2024 nichts ändert, s.o.). Die Ehefrau erlangt das Vermögen also durch gesellschaftsrechtliche Anwachsung, nicht durch Erbrecht.

Das Vermögen der GbR fällt also nicht in den Nachlass des Ehemannes, was bedeutet, dass weder schenkungssteuerliche Freibeträge für den gesellschaftsrechtlichen Erwerb zur Verfügung stehen. Noch ist der Erwerb nach § 13a ErbStG begünstigt! In den Nachlass fällt nämlich hier nur der Abfindungsanspruch des verstorbenen Ehegatten wegen Ausscheiden aus der Gesellschaft, welcher nicht nach § 13a ErbStG begünstigt ist (Gottschalk in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, 66. EL Juli 2023 ErbStG, § 3 Rn 138).

Auch wäre es hier nicht möglich, durch etwa im Testament vorgesehene (Super-)Vermächtnisse GbR-Beteiligungen oder Vermögen der GbR unter Ausnutzung der Erbschaft-Steuerfreibeträge aus dem Vermögen des verstorbenen Ehegatten zu übertragen. Hierauf ist insbesondere auch zu achten, wenn der GbR steuerlich mehrere Grundstücke zugeordnet sind, aber die GbR nur bei manchen Grundstücken selbst als Eigentümerin im Grundbuch steht. Bei Tod des vorletzten Gesellschafters dürfen die verschiedenen Grundstücke daher weder zivil- noch steuerrechtlich einheitlich behandelt werden, sondern es bedarf der genauen Differenzierung!

IV. Fazit

Als Fazit ist daher dringend allen Mandanten und Rechts- sowie Steuerberatern zu raten (wenn erforderlich auch gerne penetrant), daraufhin zu wirken, dass jede (!) GbR (auch wenn es nur um die Bewirtschaftung einer einzigen Eigentumswohnung gehen sollte) einen gesellschaftsrechtlich fundierten Gesellschaftsvertrag aufsetzt, in der insbesondere die Fortsetzung der Gesellschaft im Falle des Todes eines Gesellschafters sowie die Nachfolge in den Gesellschaftsanteil durch Erben oder Vermächtnisnehmer geregelt ist. Auch wenn das MoPeG ab dem 01.01.2024 – parallel zum Recht der OHG und KG – vorsieht, dass das Versterben eines Gesellschafters ohne anderweitige gesellschaftsvertragliche Regelung nicht mehr zur Auflösung der Gesellschaft führt, bietet die gesetzliche Neuregelung nach wie vor keine ausreichenden Sicherheiten für das Fortbestehen der Zwei-Personen-GbR. Daneben ist bei Immobilien-GbRs im Übrigen darauf zu achten, dass die GbR auch jeweils tatsächlich als Eigentümerin im Grundbuch steht. Anderenfalls kann es bei Versterben eines Gesellschafters zu bösen Überraschungen kommen.

Bei Fragen zum behandelten Thema oder sonstigen Anliegen sprechen Sie mich gerne an.

Modernisierung des Personengesellschaftsrechtes

16.09.2021 – 22:44 Uhr

Neuregelungen, bekannte Gesichter und Handlungsbedarf für Unternehmen

Die lange herbeigesehnte Reform des Personengesellschaftsrechtes (MoPeG) ist am 10.08.2021 verkündet worden. Einen kurzen Überblick über die wichtigsten Neuerungen und ggf. bestehenden Handlungsbedarf habe ich in diesem Beitrag zusammengestellt:

Allgemein kann man sagen, dass mit der Reform überwiegend nur die zum Personengesellschaftsrecht bereits durch Rechtsprechung und Praxis entwickelten Grundsätze in Gesetzesform „gegossen“ wurden. Tatsächliche Änderungen hat dies in der Praxis insoweit also nicht zur Folge. Einige interessante Neuerungen sind jedoch sehr wohl zu beachten.

Tatsächlich neu ist die zukünftig erstmals bestehende Möglichkeit  für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), sich (wie die Personenhandelsgesellschaften OHG und KG) in einem Register eintragen zu lassen. Die Eintragung ist grundsätzlich freiwillig, wobei es doch in der Praxis (oft) zu Konstellationen kommen wird, aus denen eine Eintragungspflicht für die jeweilige GbR folgt. Nach der Neufassung von § 47 Grundbuchordnung (GBO) soll nämlich zukünftig eine Eintragung der GbR als Eigentümerin ins Grundbuch nur noch erfolgen, wenn die GbRs im Gesellschaftsregister registriert sind. Dies gilt gleichermaßen für Ersteintragungen und nachträgliche Änderungen, weshalb die Neufassung der GBO – jedenfalls für solche GbRs, die Grundstücke halten, über kurz oder lang – eine Eintragungspflicht durch die Hintertür bewirkt.

Gleiches gilt für andere in öffentlichen Registern eingetragenen Rechte, zB dem Handelsregister. Hält eine GbR daher Geschäftsanteile an Kapitalgesellschaften (zB GmbH, AG), Beteiligungen an Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) oder Partnerschaftsgesellschaften kann es ebenso wie bei Grundstücks-GbRs zu einer Eintragungspflicht durch die Hintertür kommen. Dies spätestens beim nächsten Gesellschafterwechsel durch Verkauf, Kündigung oder Tod oder bei Veräußerung sowie bei Erwerb einer Beteiligung oder einer Immobilie.

Die eingetragene GbR hat nach Eintragung den Zusatz „eGbR“ zu führen. Die Eintragung hat verschiedene positive Folgen (z.B. erhöhte Umwandlungsfähigkeit) aber auch negative Folgen (z.B. Publizität, Transparenzregisterpflicht), weshalb die Vor- und Nachteile einer Eintragung gut abgewogen werden sollten.

Da das MoPeG zum 01.01.2024 in Kraft tritt, haben die Unternehmen nur noch bis zum Ablauf des 31.12.2023 Zeit, sich auf die Rechtsänderungen einzustellen.

Für jeden Inhaber eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft – sei er vollumfänglich persönlich oder auch nur beschränkt haftender Gesellschafter – stellt sich ab sofort also die Frage, ob in der eigenen Gesellschaft bis zum 31.12.2023 oder ab dem 01.01.2024 Handlungsbedarf besteht.

Bis zum 31.12.2023 ist beispielsweise für die Gesellschafter von GbRs, OHG und KG zu prüfen, ob eine Überarbeitung der bestehenden Gesellschaftsverträge notwendig ist, weil z.B. vertraglich von der neuen Gesetzeslage abgewichen werden soll.

Mit Blick auf die Änderung der GBO (s.o.) ist bei GbRs mit Grundstücksbesitz und/oder sonstigen insbesondere im Grundbuch eingetragenen Rechten zu prüfen, ob alle Grundbücher auf dem neusten Stand sind. Absehbare Gesellschafter-Wechsel sollten vor dem 31.12.2023 ins Grundbuch eingetragen werden, um nicht ungewollt in die Eintragungspflicht zum Gesellschaftsregister und damit auch zum Transparenzregister zu „rutschen“.

Auch hinsichtlich der Familiengesellschaften (soweit als GbR organisiert) sind – insbesondere mit Blick auf die gewünschte oder eher ungewünschte Publizität/Transparenz der Gesellschaft ggf. Umstrukturierungen zu prüfen.

Ab dem 01.01.2024 können sich Zusammenschlüsse der Freien Berufe (insbesondere Rechtsanwälte) erstmals als Personenhandelsgesellschaft (OHG oder KG) ins Handelsregister eintragen lassen. Mit Blick auf die Neueinführung der eGbR bietet eine Rechtsanwalts OHG nicht viele Vorteile, wohingegen eine (GmbH & Co.) KG doch ihre Vorzüge haben kann. Die Rechtsanwälte können sich nach der Neufassung erstmals ernsthaft mit dieser Möglichkeit befassen, obgleich das Gesetz hier die konkreten Regelungen den Berufsordnungsgebern überlässt, weshalb die jeweiligen Berufsgruppen erst auf die konkrete Umsetzung durch die entsprechende Selbstorganisationseinheit warten mussten, was aber nunmehr bereits erfolgt ist.

Wie oben angedeutet, müssen ab dem 01.01.2024 alle GbRs mit Grundstücksbesitz und/oder sonstigen in öffentlichen Registern eingetragenen Rechten vor Eintragung der ersten im Register eintragungspflichtigen Rechtsänderung im neuen Gesellschaftsregister eingetragen werden.

Unabhängig davon werden die Gesellschafter alle bestehenden und neu zu gründenden GbRs prüfen müssen, ob die Gesellschaft im neu eingeführten Gesellschaftsregister eingetragen werden sollte.

Im Rahmen des MoPeG wurde auch (wieder einmal) das Geldwäschegesetz (GwG) verschärft. Eine eingetragene GbR (eGbR) hat ab dem 01.01.2024 ihre(n) wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister einzutragen. Auch dieser Aspekt ist bei der Entscheidung über die Eintragung einer GbR zum Gesellschaftsregister einzuberechnen.

Ab dem 01.01.2024 wird auch die Umwandlungsfähigkeit der (eingetragenen) GbR erweitert. Die eGbR wird im Sinne des Umwandlungsgesetzes umwandlungsfähig sein. Steht eine Umwandlung einer GbR an, kann dies (eleganter als zuvor) durch den kurzen Zwischenschritt über die eGbR bewerkstelligt werden, sodass (im Gegensatz zu vorher) die „Klaviatur“ des Umwandlungsgesetzes auch im Rahmen der Umwandlung der GbR „bespielt“ werden kann. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass die reine Absicht, die Vorzüge des Umwandlungsgesetzes „irgendwann vielleicht“ in Anspruch nehmen zu wollen, kein Argument dafür sein kann, die Eintragung als eGbR frühzeitig vorzunehmen.

Fazit:

Die Gesetzes-Änderungen durch das MoPeG sind umfangreich und vielfältig, ändern aber oft nur wenig oder gar nichts im Vergleich zur bereits zuvor gelebten Praxis der Rechtsprechung, Literatur und Vertragsgestaltung. Einige Änderungen – insbesondere die Möglichkeit der Registrierung der GbR im neu geschaffenen Gesellschaftsregister vermag jedoch einige „Wellen zu schlagen“. Gesellschafter von Personengesellschaften sind nun aufgerufen, ggf. bestehenden konkreten Handlungsbedarf zu erkennen und entsprechend tätig zu werden.

Sollten Sie unsicher sein, ob für Ihr Unternehmen in diesem Rahmen Handlungsbedarf besteht, sprechen Sie mich gerne an.