Selbständig in Haupt- oder Nebentätigkeit

30.06.2021 – 15:02 Uhr

Ein Überblick über rechtliche und praktische Aspekte die Gründer beachten sollten.

Allgemein:

Wer mit dem Gedanken spielt, sich selbständig zu machen, muss sich zunächst bewusst sein, dass durch eine Selbständigkeit viele Annehmlichkeiten, die man aus einem Angestelltenverhältnis gewohnt ist (wie z.B. Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Urlaub sowie geregelte Arbeitszeiten) wegfallen. Dazu kommt, dass sich der Selbständige um viel mehr Angelegenheiten selbst kümmern muss, als der Angestellte. Denn der Selbständige muss selbst Kunden akquirieren und bedienen, er muss die IT bereitstellen und funktionsfähig halten und auf die Einhaltung aller gesetzlichen Regeln selbst achten; er muss die Buchhaltung und Steuerdokumentation selbst stemmen. Zumindest muss der Selbständige – will er die Aufgaben nicht persönlich erledigen – einen Dritten für die Erledigung bezahlen. Da bei Unternehmensgründung das Geld für „Outsourcing“ meist knapp ist, bleiben daher zunächst oft doch alle Arbeiten beim Gründer selbst hängen. Je nach dem kann eine Selbständigkeit jedoch (persönlich und finanziell) auch durchaus lohnend sein.

Wichtig ist bei der Gründung auch die Sicherung des laufenden Lebensunterhaltes. Die Weisheit „Jeder Anfang ist schwer“ gilt auch hier. Der überwiegende Teil der Unternehmungen benötigt eine nicht unerhebliche Anlaufzeit, bevor der Gründer gesichert seinen Lebensunterhalt mit den generierten Einnahmen bestreiten kann. Gerade auch die Corona-Pandemie hat nochmal eindrucksvoll ins Gedächtnis gerufen, dass der Unternehmer auch Vorsorge für den Fall treffen muss, dass Einnahmen durch das Unternehmen ggf. für kürzere oder längere Zeitspannen ganz ausfallen, oder zumindest (durch Konjunkturflauten oder sonstige Ereignisse) stark zurückgehen. Der Unternehmer benötigt somit ausreichende Reserven, und/oder einen „Plan B“, um seinen Lebensunterhalt dauerhaft zu sichern.

Zu Beginn einer Unternehmung sollte daher zB erwogen werden, ob man die Unternehmung zunächst vorerst nur im Nebengewerbe betreibt, um die finanzielle Sicherheit des Angestelltenverhältnisses nicht allzu leichtfertig aufzugeben. VORSICHT ist jedoch hinsichtlich der Formulierung des Arbeitsvertrages geboten! Falls der Arbeitsvertrag eine Klausel enthält, dass alle Arbeitskraft dem Arbeitgeber gewidmet werden muss und sämtliche entgeltliche Nebentätigkeit der vorigen schriftlichen Genehmigung des Arbeitgebers bedarf, ist dringend zu empfehlen, diese Genehmigung auch einzuholen; sonst droht die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses!

Kleine Check-Liste für die Unternehmensgründung:

a) Unternehmensgegenstand

Zunächst muss sich der Gründer Klarheit darüber verschaffen, welchem Geschäft sich die neue Unternehmung überhaupt widmen soll. Welche Produkte oder Dienstleistungen soll das Unternehmen überhaupt am Markt anbieten (Sog. „Unternehmensgegenstand“)? Dies ist natürlich eine DER grundlegendsten Entscheidungen der Gründungs-Phase. Wenn man den Unternehmensgegenstand gefunden hat, ist sodann zu prüfen, ob die Unternehmung ggf. behördlicher Genehmigungen (zB Gaststättenerlaubnis, Schankerlaubnis) bedarf und welche Sonderregelungen (zB Lebensmittelhygieneverordnung und Gaststättenrecht bei Restaurants und Lokalen) zu beachten sind.

b) Business-Plan

Sodann ist eine Geschäftsplanung (Business-Plan) zu erarbeiten. Die Finanzierung des Unternehmens ist zu prüfen. Sobald die Finanzierung aus Fremdkapital (Krediten) erfolgen soll, muss die Ausarbeitung des Business-Plans sehr solide sein; dieser ist der Bank vorzulegen. Im Übrigen ist damit zu rechnen, dass sich der Gründer für den Kredit als Sicherheit auch persönlich für die Rückzahlung verbürgen, oder privates Vermögen als Sicherheit belasten muss.

c) Rechtsform

Im nächsten Schritt ist zu prüfen welche Rechtsform für die Unternehmung bevorzugt wird. Hier spielen verschiedene Aspekte, wie Haftung, steuerliche und praktische Überlegungen, das Maß der gewünschten Flexibilität, das Maß der öffentlichen Zugänglichkeit von Informationen sowie die Höhe des möglichen Kapitaleinsatzes oder die Frage eine Rolle, ob das Unternehmen nur durch eine Person, oder durch mehrere Personen gegründet werden soll. Ein Unternehmen kann (1) als Einzelunternehmen, (2) als Personengesellschaft (wie GbR, OHG oder KG) oder (3) als juristische Person (wie UG (haftungsbeschränkt), GmbH oder AG) gegründet werden. Möglich sind auch Mischformen wie zB die GmbH & Co. KG.

Einzelunternehmen und Personengesellschaften sind von ihrer Handhabung flexibler als juristische Personen. Gelder können leichter entnommen werden; versteuert werden die Einkünfte auf Grundlage des persönlichen Steuersatzes des jeweiligen Gesellschafters, für die Verbindlichkeiten des Unternehmens haften die Gesellschafter grundsätzlich mit ihrem gesamten Privatvermögen.

Juristische Personen sind strikter in ihren gesetzlichen Vorgaben, es ist schwieriger, Geld aus dem Unternehmen zu entnehmen. Versteuert werden die Einkünfte zunächst auf Ebene der juristischen Person mit Gewerbe- und Körperschaftssteuer (bis zu 30 %). Wird kein Geld ausgeschüttet, erfolgt keine weitere Besteuerung beim Gesellschafter. Nur wenn Geld ausgeschüttet wird, erfolgt eine pauschale Besteuerung von 25 % auf Ebene des Gesellschafters. Positiv ist auch die Haftungsabschirmung der Gesellschaftsverbindlichkeiten von dem Privatvermögen der Gesellschafter (zu beachten ist jedoch, dass der Geschäftsführer dennoch einer gesetzlichen Haftung unterliegt). Bei juristischen Personen ist die Buchhaltung unabhängig vom Umsatz (im Gegensatz zur Personengesellschaft und zum Einzelunternehmer) komplizierte, da umsatzunabhängig eine Bilanz erstellt werden muss.

Eine GmbH & Co. KG ist eine gemischte Form, die beide Welten (Flexibilität der Personengesellschaft und Haftungsabschirmung der juristischen Person) miteinander verbindet. Jedoch ist hierfür die Buchhaltung und Steuererklärung für zwei Unternehmen zu fertigen, was die Unternehmung zu Beginn ggf. unnötig aufwendig gestaltet, zumal, wenn man zunächst auf die Hilfe eines Steuerberaters (aus finanziellen Gründen) verzichten möchte.

Generell ist zu empfehlen, dass man sich Rechtsberatung und Steuerberatung so früh wie möglich einholen sollte, sobald es die Finanzlage praktisch zulässt. Wenn man nicht sofort einen ständigen Beratungsvertrag eingehen möchte, empfiehlt es sich jedoch, jedenfalls die dringendsten Fragen zu Beginn mit einem Rechtskundigen zu erörtern, um grobe Fehler bereits beim erstmaligen Aufsetzen des Unternehmens zu vermeiden.

d) Weitere Schritte

Je nach gewählter Rechtsform sind verschiedene Schritte zum „Aufsetzen des Unternehmens“ durchzuführen. Jedenfalls ist im Zweifel ein Gewerbe anzumelden, ein Bankkonto (Geschäftskonto) zu eröffnen und der entsprechende Bogen des Finanzamtes zur steuerlichen Ersterfassung auszufüllen. Aus haftungsrechtlicher Sicht ist darauf zu achten, dass mit der unternehmerischen Tätigkeit nicht begonnen wird, bevor das Unternehmen offiziell existiert (bei OHG, KG, GmbH, GmbH & Co. KG usw. zB erst nach Eintragung im Handelsregister). Sonstige Voraussetzungen hängen von der jeweils gewählten Rechtsform ab. Die jeweiligen Pflichtmitgliedschaften zB bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) oder Handwerkskammer (HWK) sind zu beachten. Ebenfalls sollte man sich mit den für das Unternehmen allgemein geltenden Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) befassen. Neben den Rügeobliegenheiten, hat auch der Briefkopf eines Unternehmens eine gewisse Form zu wahren und Informationen zu enthalten. Darüber hinauf gibt es noch firmen-, marken- und datenschutzrechtliche sowie viele weitere Fragen (wie zB zum Wettbewerbs- und Urheberrecht) zu beachten.

e) Beginn der Unternehmung

Sodann kann mit der Unternehmung begonnen werden, sprich, es können Mietverträge und Lieferantenverträge geschlossen, Waren eingekauft und in sonstiger Weise im Namen des Unternehmens agiert werden. Viele weitere Fragen werden sich dann erst im Laufe der Zeit in der Praxis stellen.

Fazit:

Vor einer Existenzgründung (ob in Haupt- oder Nebentätigkeit) sind zunächst eine Vielzahl von richtungsweisenden Entscheidungen zu treffen, von denen mitunter der Erfolg der gesamten Unternehmung abhängen. Auch bei einer Gründung mit kleinem Budget lohnt es sich auf jeden Fall, zumindest die groben Fragen gemeinsam mit einem Rechtsfachmann zu klären, bevor man bereits bei der Gründung vermeidbare Fehler begeht.

Modernisierung des Personengesellschaftsrechtes

16.09.2021 – 22:44 Uhr

Neuregelungen, bekannte Gesichter und Handlungsbedarf für Unternehmen

Die lange herbeigesehnte Reform des Personengesellschaftsrechtes (MoPeG) ist am 10.08.2021 verkündet worden. Einen kurzen Überblick über die wichtigsten Neuerungen und ggf. bestehenden Handlungsbedarf habe ich in diesem Beitrag zusammengestellt:

Allgemein kann man sagen, dass mit der Reform überwiegend nur die zum Personengesellschaftsrecht bereits durch Rechtsprechung und Praxis entwickelten Grundsätze in Gesetzesform „gegossen“ wurden. Tatsächliche Änderungen hat dies in der Praxis insoweit also nicht zur Folge. Einige interessante Neuerungen sind jedoch sehr wohl zu beachten.

Tatsächlich neu ist die zukünftig erstmals bestehende Möglichkeit  für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), sich (wie die Personenhandelsgesellschaften OHG und KG) in einem Register eintragen zu lassen. Die Eintragung ist grundsätzlich freiwillig, wobei es doch in der Praxis (oft) zu Konstellationen kommen wird, aus denen eine Eintragungspflicht für die jeweilige GbR folgt. Nach der Neufassung von § 47 Grundbuchordnung (GBO) soll nämlich zukünftig eine Eintragung der GbR als Eigentümerin ins Grundbuch nur noch erfolgen, wenn die GbRs im Gesellschaftsregister registriert sind. Dies gilt gleichermaßen für Ersteintragungen und nachträgliche Änderungen, weshalb die Neufassung der GBO – jedenfalls für solche GbRs, die Grundstücke halten, über kurz oder lang – eine Eintragungspflicht durch die Hintertür bewirkt.

Gleiches gilt für andere in öffentlichen Registern eingetragenen Rechte, zB dem Handelsregister. Hält eine GbR daher Geschäftsanteile an Kapitalgesellschaften (zB GmbH, AG), Beteiligungen an Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) oder Partnerschaftsgesellschaften kann es ebenso wie bei Grundstücks-GbRs zu einer Eintragungspflicht durch die Hintertür kommen. Dies spätestens beim nächsten Gesellschafterwechsel durch Verkauf, Kündigung oder Tod oder bei Veräußerung sowie bei Erwerb einer Beteiligung oder einer Immobilie.

Die eingetragene GbR hat nach Eintragung den Zusatz „eGbR“ zu führen. Die Eintragung hat verschiedene positive Folgen (z.B. erhöhte Umwandlungsfähigkeit) aber auch negative Folgen (z.B. Publizität, Transparenzregisterpflicht), weshalb die Vor- und Nachteile einer Eintragung gut abgewogen werden sollten.

Da das MoPeG zum 01.01.2024 in Kraft tritt, haben die Unternehmen nur noch bis zum Ablauf des 31.12.2023 Zeit, sich auf die Rechtsänderungen einzustellen.

Für jeden Inhaber eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft – sei er vollumfänglich persönlich oder auch nur beschränkt haftender Gesellschafter – stellt sich ab sofort also die Frage, ob in der eigenen Gesellschaft bis zum 31.12.2023 oder ab dem 01.01.2024 Handlungsbedarf besteht.

Bis zum 31.12.2023 ist beispielsweise für die Gesellschafter von GbRs, OHG und KG zu prüfen, ob eine Überarbeitung der bestehenden Gesellschaftsverträge notwendig ist, weil z.B. vertraglich von der neuen Gesetzeslage abgewichen werden soll.

Mit Blick auf die Änderung der GBO (s.o.) ist bei GbRs mit Grundstücksbesitz und/oder sonstigen insbesondere im Grundbuch eingetragenen Rechten zu prüfen, ob alle Grundbücher auf dem neusten Stand sind. Absehbare Gesellschafter-Wechsel sollten vor dem 31.12.2023 ins Grundbuch eingetragen werden, um nicht ungewollt in die Eintragungspflicht zum Gesellschaftsregister und damit auch zum Transparenzregister zu „rutschen“.

Auch hinsichtlich der Familiengesellschaften (soweit als GbR organisiert) sind – insbesondere mit Blick auf die gewünschte oder eher ungewünschte Publizität/Transparenz der Gesellschaft ggf. Umstrukturierungen zu prüfen.

Ab dem 01.01.2024 können sich Zusammenschlüsse der Freien Berufe (insbesondere Rechtsanwälte) erstmals als Personenhandelsgesellschaft (OHG oder KG) ins Handelsregister eintragen lassen. Mit Blick auf die Neueinführung der eGbR bietet eine Rechtsanwalts OHG nicht viele Vorteile, wohingegen eine (GmbH & Co.) KG doch ihre Vorzüge haben kann. Die Rechtsanwälte können sich nach der Neufassung erstmals ernsthaft mit dieser Möglichkeit befassen, obgleich das Gesetz hier die konkreten Regelungen den Berufsordnungsgebern überlässt, weshalb die jeweiligen Berufsgruppen erst auf die konkrete Umsetzung durch die entsprechende Selbstorganisationseinheit warten mussten, was aber nunmehr bereits erfolgt ist.

Wie oben angedeutet, müssen ab dem 01.01.2024 alle GbRs mit Grundstücksbesitz und/oder sonstigen in öffentlichen Registern eingetragenen Rechten vor Eintragung der ersten im Register eintragungspflichtigen Rechtsänderung im neuen Gesellschaftsregister eingetragen werden.

Unabhängig davon werden die Gesellschafter alle bestehenden und neu zu gründenden GbRs prüfen müssen, ob die Gesellschaft im neu eingeführten Gesellschaftsregister eingetragen werden sollte.

Im Rahmen des MoPeG wurde auch (wieder einmal) das Geldwäschegesetz (GwG) verschärft. Eine eingetragene GbR (eGbR) hat ab dem 01.01.2024 ihre(n) wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister einzutragen. Auch dieser Aspekt ist bei der Entscheidung über die Eintragung einer GbR zum Gesellschaftsregister einzuberechnen.

Ab dem 01.01.2024 wird auch die Umwandlungsfähigkeit der (eingetragenen) GbR erweitert. Die eGbR wird im Sinne des Umwandlungsgesetzes umwandlungsfähig sein. Steht eine Umwandlung einer GbR an, kann dies (eleganter als zuvor) durch den kurzen Zwischenschritt über die eGbR bewerkstelligt werden, sodass (im Gegensatz zu vorher) die „Klaviatur“ des Umwandlungsgesetzes auch im Rahmen der Umwandlung der GbR „bespielt“ werden kann. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass die reine Absicht, die Vorzüge des Umwandlungsgesetzes „irgendwann vielleicht“ in Anspruch nehmen zu wollen, kein Argument dafür sein kann, die Eintragung als eGbR frühzeitig vorzunehmen.

Fazit:

Die Gesetzes-Änderungen durch das MoPeG sind umfangreich und vielfältig, ändern aber oft nur wenig oder gar nichts im Vergleich zur bereits zuvor gelebten Praxis der Rechtsprechung, Literatur und Vertragsgestaltung. Einige Änderungen – insbesondere die Möglichkeit der Registrierung der GbR im neu geschaffenen Gesellschaftsregister vermag jedoch einige „Wellen zu schlagen“. Gesellschafter von Personengesellschaften sind nun aufgerufen, ggf. bestehenden konkreten Handlungsbedarf zu erkennen und entsprechend tätig zu werden.

Sollten Sie unsicher sein, ob für Ihr Unternehmen in diesem Rahmen Handlungsbedarf besteht, sprechen Sie mich gerne an.