E-Bay & Co – Rechtssicherheit im Internet, insbesondere im privaten und gewerblichen Online-Handel

23.06.2021 – 16:16 Uhr

Online-Verkaufsplattformen machen den überregionalen Verkauf von gebrauchten und neuen Waren leichter. Allerdings gibt es auch einige rechtliche „Fallstricke“ und Besonderheiten, die jeder Nutzer kennen sollte.

Allgemeines:

Online-Plattformen prägen unser Leben mittlerweile in sehr vielen Bereichen. Ob Soziale Netzwerke, Terminverwaltung, Online-Shopping, Handy-Apps für jede Gelegenheit; das Internet hält viele mehr oder weniger nützliche Anwendungen für fast alle Lebenslagen bereit, die ihren Nutzern „das Leben erleichtern“ sollen.

Doch immer, wenn man eine Aufgabe einem anderen Menschen oder hier vielfach sogar einem Algorithmus anvertraut, sollte man die Umstände, Voraussetzungen und vor allem die Risiken kennen. Dies gilt insbesondere für die rechtliche Einordnung.

Im Zusammenhang mit dem Internet ist durch die neuere Gesetzgebung im Moment insbesondere der Datenschutz von personenbezogenen Daten in aller Munde, der jedem Nutzer heutzutage ständig im Internet begegnet. Auch auf Sozialen Netzwerken geht es aus rechtlicher Sicht vornehmlich um Persönlichkeitsrechte, Recht am eigenen Bild, etc.

Auch der Online-Handel hat unsere Gesellschaft erheblich geprägt. Man kann fast alles online bestellten, von Aktenordnern über Computerzubehör, Kunstgegenstände und Lebensmittel bis zu Zahnpasta ist alles erhältlich. Oft bieten auch Private online an. Ob das neue aber ungeliebte Weihnachtsgeschenk oder gebrauchte Dinge aus dem Privatbesitz, die nicht mehr benötigt werden.

Für Letzteres ist E-Bay eine häufige Anlaufstelle. Doch es gibt auf E-Bay auch gewerbliche Verkäufer. Es stellt sich also die Frage, wann man noch Privatverkäufer ist, und ab wann man schon als gewerblicher Händler gilt. Dazu kommen weitere Fragen: Wie funktioniert das mit dem Vertragsschluss? Muss ich als gewerblicher Händler auf jeden Fall Umsatzsteuer berechnen und an das Finanzamt abführen? Was ist mit der Gewährleistung, was mit Garantien, was mit Widerrufsrechten, oder was tun, wenn das höchste Gebot dem Verkäufer zu niedrig ist?  Dieser Artikel soll einen kleinen Überblick über die angeschnittenen Fragestellungen bieten, erhebt aber natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Bei konkreten Fragen können die allgemeinen rechtlichen Hinweise der Online-Plattform (wie zB bei E-Bay) eine erste Einschätzung liefern. Diese bieten jedoch keine „Patentlösungen“. Bei verbleibenden Unsicherheiten sollte jedoch stets der Anwalt des Vertrauens befragt werden.

Privatverkäufer oder Gewerblicher Händler:

E-Bay bietet zwei Arten von Accounts (Mitgliedskonten) an. Private und gewerbliche Konten. Der Nutzer muss sich also entscheiden, in welchem Rahmen er anbieten möchte. Als gewerblicher Nutzer sind viel mehr Formalien zu beachten. Im Zweifel bedarf es – um nur einige Beispiele zu nennen – einer Widerrufsbelehrung in den Online-Angeboten, die Gewährleistung kann nicht ausgeschlossen werden, unter Umständen ist dem Kunden Umsatzsteuer zu berechnen und abzuführen und es bedarf einer steuerlichen Erklärung der gewerblichen Tätigkeit. Als gewerblicher Händler muss man über dies – jedenfalls soweit man die Kriterien der Kaufmannseigenschaft erfüllt – weitere Besonderheiten des Handelsgesetzbuches (HGB), wie zB die Grundsätze des Kaufmännischen Bestätigungsschreibens oder der Rügeobliegenheiten beachten.

Ob man als E-Bay-Verkäufer als Gewerbetreibender (Unternehmer) oder als Privat-Verkäufer (Verbraucher) anzusehen ist, entscheidet sich jedenfalls nicht daran, wie man sich in der Angebotsbeschreibung selbst bezeichnet. Sätze wie „Ich bin Privatverkäufer und verkaufe unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung“ sind bereits IN MEHRERER HINSICHT PROBLEMATISCH! Wenn der Anbieter (1) nach den gesetzlichen Kriterien Unternehmer ist, hilft die Behauptung, Privatverkäufer zu sein, in der rechtlichen Auseinandersetzung nicht. (2) ist der o.g. Beispiel-Satz hinsichtlich des Ausschlusses der Gewährleistung zu knapp gehalten und vollumfänglich unwirksam, wie im weiteren Verlauf dieses Artikels noch ausgeführt wird.

Verbraucher ist nach § 13 BGB diejenige natürliche Person (Mensch), die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.

Ob es sich hierbei um die Haupteinnahmequelle oder nur eine Nebentätigkeit handelt, ist ohne Belang für die Unterscheidung.

Unternehmer ist nach § 14 BGB diejenige natürliche Person (Mensch) oder juristische Person (zB UG, GmbH oder AG) oder rechtsfähige Personengesellschaft (zB GbR, OHG, KG), die bei Abschluss eines Rechtsgeschäftes in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.

Wenn der E-Bay Nutzer also das Mitgliedskonto im Namen seines Unternehmens eröffnet, ist klar, dass eine gewerbliche Tätigkeit erfolgen soll. Denn ein Verbraucher kann nur eine natürliche Person sein.

Unternehmer kann aber auch eine natürliche Person sein (sog. Einzelunternehmer). Bei natürlichen Personen ist die Unterscheidung also schwieriger und muss im Einzelfall entschieden werden. Hier arbeitet die ständige Rechtsprechung mit Indizien des Einzelfalls, wie Häufigkeit der abgeschlossenen Geschäfte, Art der veräußerten Waren, Jahresumsatz, Grad der Professionalität beim Angebot. Werden nur gelegentlich Artikel eingestellt, nur gebrauchte Artikel angeboten, die ihrer Art nach nicht ähnlich sind, spricht dies deutlich für eine Verbrauchereigenschaft und damit für einen Privatverkäufer. Werden jedoch im Gegenteil dauerhaft gleichartige Neu-Waren in großen Mengen angeboten und damit ein nicht unerheblicher Jahresumsatz erzielt, ist klar, dass es sich um einen gewerblichen Anbieter handelt. Alles zwischen diesen beiden Extremen muss im konkreten Fall geprüft werden. Bei Unsicherheiten ist zu empfehlen, sich an den Anwalt des Vertrauens zu wenden.

Vertragsschluss:

Der Vertragsschluss (meistens Kaufvertrag) im Online-Rechtsverkehr folgt denselben Grundsätzen wie jeder Vertragsschluss. Voraussetzung sind zwei übereinstimmende Willenserklärungen, die in Bezug zu einander abgegeben wurden. Schriftform ist nicht unbedingt erforderlich.

Bei einer E-Bay-Auktion handelt es sich nicht um eine Auktion (mit Zuschlag) im Rechtssinne, sondern um einen ganz normalen Kaufvertrag. Der Bieter unterbreitet mit seinem Gebot ein Angebot zum Abschluss des Kaufvertrages zu seinem Höchstgebot. Wird er überboten, erlischt das Angebot. Ist er Höchstbietender im Zeitpunkt des Ablaufs des Auktions-Zeitraums, kommt der Kaufvertrag automatisch mit dem Höchstbietenden zustande, da der Verkäufer mit dem Einstellen einer E-Bay-Auktion bereits verbindlich erklärt hat, dass er das Angebot des Höchstbietenden im Zeitpunkt des Auktionsendes annimmt. Empfindet der Verkäufer das Höchstgebot am Ende der Auktion als zu niedrig, bleibt ihm keine rechtliche Möglichkeit, den bereits geschlossenen Vertrag aus diesem Grund zu lösen und die Leistung zu verweigern.  Es besteht nur noch die Möglichkeit, (1) den Käufer zu bitten, vom Vertrag freiwillig Abstand zu nehmen (Auflösungsvereinbarung) oder (2) die Vertragserfüllung schlicht zu verweigern und darauf zu spekulieren, dass der Käufer keine rechtlichen Schritte einleitet und die Sache auf sich beruhen lässt, bzw. selbst vom Kaufvertrag zurücktritt. Die Möglichkeiten zur rechtmäßigen Leistungsverweigerung aus anderen Gründen (zB wegen Unmöglichkeit der Leistungserbringung) bleiben jedoch auch hier bestehen.

Bei einer Sofortkauf-Option kommt der Vertrag automatisch mit demjenigen zustande, der die Sofortkauf-Option ausübt.

In einem normalen eigenen Online-Shop des Verkäufers unterbreitet der Käufer ebenfalls ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages. Dieses muss der Verkäufer jedoch (im Gegensatz zu E-Bay) ausdrücklich oder stillschweigend durch Lieferung/Rechnungstellung annehmen. Als Annahme ist jedoch nicht bereits die automatische Eingangsbestätigung des Online-Shops anzusehen.

Die Art des Vertragsschlusses ist unabhängig davon, ob der Verkäufer privat oder gewerblich verkauft.

Umsatzsteuerpflicht bei Gewerbetreibenden:

Gewerbetreibende sind grundsätzlich verpflichtet, im Rahmen des Umsatzsteuergesetzes (UStG) Umsatzsteuer an den Kunden zu berechnen und an das Finanzamt abzuführen. Gleichzeitig können Sie die Umsatzsteuer, die ihnen von anderen Unternehmen für Güter und Dienstleistungen berechnet wurde, die der gewerblichen Tätigkeit zuzurechnen sind und die sie bezahlt haben, vom Finanzamt zurückfordern (sog. Ziehen der Vorsteuer). Die Gewerbetreibenden sind in diesem Zusammenhang (zunächst zu Beginn der Tätigkeit) verpflichtet Umsatzsteuervoranmeldungen an das Finanzamt zu tätigen.

Kleinunternehmern kommt jedoch die Sonderregelung des § 19 Absatz 1 UStG zu Gute, wonach sie weder Umsatzsteuer berechnen noch abführen müssen, wenn sie im Vorjahr unter einer bestimmten Jahresumsatzgrenze (aktuell EUR 22.000,00) lagen und im laufenden Jahr voraussichtlich nicht erheblich höhere Umsätze (aktuell über EUR 50.000,00) erzielen werden.

Der Kleinunternehmer kann jedoch auch freiwillig auf diese Sonderbehandlung verzichten (sog. Optieren zur Umsatzsteuer). Dies ist insbesondere vorteilhaft, wenn er beabsichtigt, die Vorsteuer bei Anschaffungen zu ziehen. Denn die Geltung der Kleinunternehmerregelung schließt die Möglichkeit zur Ziehung der Vorsteuer aus.

Gewährleistung und deren Ausschluss:

Im Kaufvertragsrecht übernimmt der Verkäufer die Pflicht die Kaufsache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben. Der Käufer übernimmt die Pflicht die Sache abzunehmen und den Kaufpreis zu zahlen. Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie die vereinbarte Beschaffenheit hat. Wenn keine Vereinbarung über die Beschaffenheit vorliegt, muss die Sache der üblichen Beschaffenheit entsprechen. Liegt ein Sachmangel vor, hat der Käufer – soweit die jeweiligen Voraussetzungen vorliegen – grundsätzlich die Wahl zwischen verschiedenen gesetzlichen Gewährleistungsrechten, wie z.B. Nacherfüllung, Minderung und/oder Schadenersatz.

In bestimmten Fällen kann man die Gewährleistung als Privatverkäufer teilweise ausschließen. Einem Gewerbetreibenden ist diese Möglichkeit (jedenfalls ggü. Verbrauchern) jedoch verwehrt (sog. Sonderregelungen des Verbrauchsgüterkaufs).

Der Ausschluss der Gewährleistung ist in jedem Fall aber unzulässig und unwirksam, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig (vorsätzlich) verschwiegen, oder eine Garantie für die Beschaffenheit übernommen hat (zum Unterschied zwischen Gewährleistung und Garantie sogleich).

Als Privatverkäufer kann man die Gewährleistung also mit weitem Umfang ausschließen. Allerdings ist hier unbedingt folgende Besonderheit zu beachten:

Der Ausschluss muss (1) bereits deutlich und ausdrücklich in der Angebotsbeschreibung enthalten, um in den Kaufvertrag einbezogen zu sein. Hinweise wie „keine Rücknahme“ reichen hierfür nicht aus.

Wenn man eine gleichlautende Klausel (2) in seine Angebote immer pauschal aufzunehmen pflegt (insbesondere den Gewährleistungsausschluss), handelt es sich schnell um eine Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB). Hierbei reicht es aus, wenn die Klausel erstmalig, aber mit dem Willen zur mehrmaligen Verwendung aufgenommen wird.

Handelt es sich um eine AGB-Klausel sind auch die besonderen gesetzlichen Regelungen zur Einbeziehung und Geltung von AGB (§§ 305 ff BGB) zu beachten. Nach § 307 BGB sind unverhältnismäßige oder überraschende Klauseln allgemein unzulässig. Nach § 309 BGB sind konkrete Klauseln aufgelistet, die in jedem Fall unzulässig sind. Unter anderem in diesem Zusammenhang interessant ist die Regelung des § 309 Nummer 7 BGB, bei dem es um unzulässige Haftungsausschlüsse geht. Hiernach sind Haftungsausschlüsse, die die Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit oder sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung beruhen, unzulässig. Unklarheiten bei AGB-Klauseln gehen stets zu Lasten des Verwenders (hier des Verkäufers).

Das bedeutet, dass ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss, der pauschal auch solche o.g. Schäden (zB Gesundheitsschäden) umfasst, vollumfänglich unwirksam ist. Insbesondere ist es NICHT so, dass der Gewährleistungsausschluss nur soweit reicht, wie dieser gesetzlich zulässig ist (sog. geltungserhaltende Reduktion). Nein, vielmehr ist die gesamte Klausel unwirksam und es gilt die normale gesetzliche Regelung. Ein fehlerhafter Gewährleistungsausschluss hat mithin zur Folge, dass der Verkäufer u.U. in größerem Umfang haftet, als er bei ordnungsgemäßer Klausel haften würde.

Mindestens sollte daher im E-Bay Angebot des Privatverkäufers folgende Klausel enthalten sein, um den Gewährleistungsausschluss sicherzustellen:

„Die Ware wird unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung verkauft. Der Ausschluss gilt nicht für Ansprüche aus grob fahrlässiger bzw. vorsätzlicher Verletzung von Pflichten des Verkäufers sowie für jede Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit, die auf einer mindestens fahrlässigen Pflichtverletzung des Verkäufers beruht.“

Garantie:

Im allgemeinen Sprachgebrauch werden Gewährleistung und Garantie teilweise synonym verwendet, was jedoch eine absolute Fehleinschätzung darstellt. Es besteht ein erheblicher Unterschied!

Als Gewährleistung bezeichnet man die gesetzlich geregelten Mängelrechte im Vertragsrecht (Kauf- Miet-, Dienst-, Werkvertrag usw.). Das Bestehen dieser Rechte und deren Ausschlussmöglichkeit wurde bereits im vorigen Abschnitt thematisiert.

Eine Garantie ist eine (oft parallel zur Gewährleistung) freiwillig gewährte Zusatzleistung durch den Händler oder Hersteller. Der Inhalt der Garantie ist nicht gesetzlich festgelegt, weshalb es im möglichen Garantiefall auf den genauen Wortlaut der Garantiebestimmungen ankommt. Nur die Garantiebestimmungen gestalten den Inhalt der Garantie aus, sodass der Garantiegeber auch entscheiden kann, welche Defekte von der Garantie umfasst sein sollen und welche nicht. Im Grunde stellt daher die Garantie oftmals hauptsächlich ein Werbemittel des Herstellers oder Händlers dar. Teilweise kann man Garantien auch zusätzlich zur Kaufsache erwerben. In diesem Fall hat die Garantie eher den Charakter einer Sachversicherung.

Widerrufsrecht:

Ein Widerrufsrecht ist ein gesetzliches Recht zu Gunsten von Verbrauchern gegenüber Unternehmern. Das Widerrufsrecht besteht nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen (zB Haustürgeschäft, Fernabsatzgeschäft etc.). Gewährt ein stationärer Händler etwa ein Rückgaberecht, handelt es sich dagegen um eine freiwillige (werbewirksame) Maßnahme des Unternehmers, zu dem er nicht verpflichtet ist.

Festzuhalten ist an dieser Stelle jedoch bereits, dass ein Privatverkauf durch einen Verbraucher auf keinen Fall ein Widerrufsrecht des Käufers auslöst. Im Online-Handel haben gewerbliche Händler (Unternehmer) jedoch die Regelungen zum Widerrufsrecht immer zu beachten, soweit sie an Verbraucher verkaufen. Ein Großhändler, der hingegen nur an Unternehmer verkauft, muss auch im Online-Vertrieb keine Widerrufsrechte seiner Kunden beachten.

Das Widerrufsrecht besteht hingegen nicht bei allen Waren und Dienstleistungen. Teilweise sieht das Gesetzt hier ausnahmen vor, beispielsweise bei schnell verderblichen Waren, bei denen die Ware schon vor Ablauf der Widerrufsfrist verdorben wäre. In aller Regel ist das Widerrufsrecht jedoch zu beachten. Ist dies der Fall sollte der Unternehmer aus eigenem Interesse ausreichend über das bestehende Widerrufsrecht informieren. Tut er dies nicht, oder nicht ausreichend, verlängert sich die Widerrufsfrist, in der der Verbraucher seine Willenserklärung widerrufen kann, mitunter erheblich! Eine ausreichende Widerrufsbelehrung kann den Mustern in der Anlage 1 zu Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 2 EGBGB entnommen werden. Bei Unsicherheiten sollte der Rat eines Fachkundigen eingeholt werden.

Fazit:

Der Online-Handel bringt Bequemlichkeit. Ein allzu sorgenloser Umgang ist aus rechtlicher Sicht jedoch – insbesondere an der Schwelle zwischen privatem und gewerblichem Verkauf sowie bezüglich Gewährleistungsbeschränkungen zu Gunsten des Privatverkäufers – nicht zu empfehlen. Im Zweifel sollte ein Rechtsberater befragt werden.

Selbständig in Haupt- oder Nebentätigkeit

30.06.2021 – 15:02 Uhr

Ein Überblick über rechtliche und praktische Aspekte die Gründer beachten sollten.

Allgemein:

Wer mit dem Gedanken spielt, sich selbständig zu machen, muss sich zunächst bewusst sein, dass durch eine Selbständigkeit viele Annehmlichkeiten, die man aus einem Angestelltenverhältnis gewohnt ist (wie z.B. Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Urlaub sowie geregelte Arbeitszeiten) wegfallen. Dazu kommt, dass sich der Selbständige um viel mehr Angelegenheiten selbst kümmern muss, als der Angestellte. Denn der Selbständige muss selbst Kunden akquirieren und bedienen, er muss die IT bereitstellen und funktionsfähig halten und auf die Einhaltung aller gesetzlichen Regeln selbst achten; er muss die Buchhaltung und Steuerdokumentation selbst stemmen. Zumindest muss der Selbständige – will er die Aufgaben nicht persönlich erledigen – einen Dritten für die Erledigung bezahlen. Da bei Unternehmensgründung das Geld für „Outsourcing“ meist knapp ist, bleiben daher zunächst oft doch alle Arbeiten beim Gründer selbst hängen. Je nach dem kann eine Selbständigkeit jedoch (persönlich und finanziell) auch durchaus lohnend sein.

Wichtig ist bei der Gründung auch die Sicherung des laufenden Lebensunterhaltes. Die Weisheit „Jeder Anfang ist schwer“ gilt auch hier. Der überwiegende Teil der Unternehmungen benötigt eine nicht unerhebliche Anlaufzeit, bevor der Gründer gesichert seinen Lebensunterhalt mit den generierten Einnahmen bestreiten kann. Gerade auch die Corona-Pandemie hat nochmal eindrucksvoll ins Gedächtnis gerufen, dass der Unternehmer auch Vorsorge für den Fall treffen muss, dass Einnahmen durch das Unternehmen ggf. für kürzere oder längere Zeitspannen ganz ausfallen, oder zumindest (durch Konjunkturflauten oder sonstige Ereignisse) stark zurückgehen. Der Unternehmer benötigt somit ausreichende Reserven, und/oder einen „Plan B“, um seinen Lebensunterhalt dauerhaft zu sichern.

Zu Beginn einer Unternehmung sollte daher zB erwogen werden, ob man die Unternehmung zunächst vorerst nur im Nebengewerbe betreibt, um die finanzielle Sicherheit des Angestelltenverhältnisses nicht allzu leichtfertig aufzugeben. VORSICHT ist jedoch hinsichtlich der Formulierung des Arbeitsvertrages geboten! Falls der Arbeitsvertrag eine Klausel enthält, dass alle Arbeitskraft dem Arbeitgeber gewidmet werden muss und sämtliche entgeltliche Nebentätigkeit der vorigen schriftlichen Genehmigung des Arbeitgebers bedarf, ist dringend zu empfehlen, diese Genehmigung auch einzuholen; sonst droht die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses!

Kleine Check-Liste für die Unternehmensgründung:

a) Unternehmensgegenstand

Zunächst muss sich der Gründer Klarheit darüber verschaffen, welchem Geschäft sich die neue Unternehmung überhaupt widmen soll. Welche Produkte oder Dienstleistungen soll das Unternehmen überhaupt am Markt anbieten (Sog. „Unternehmensgegenstand“)? Dies ist natürlich eine DER grundlegendsten Entscheidungen der Gründungs-Phase. Wenn man den Unternehmensgegenstand gefunden hat, ist sodann zu prüfen, ob die Unternehmung ggf. behördlicher Genehmigungen (zB Gaststättenerlaubnis, Schankerlaubnis) bedarf und welche Sonderregelungen (zB Lebensmittelhygieneverordnung und Gaststättenrecht bei Restaurants und Lokalen) zu beachten sind.

b) Business-Plan

Sodann ist eine Geschäftsplanung (Business-Plan) zu erarbeiten. Die Finanzierung des Unternehmens ist zu prüfen. Sobald die Finanzierung aus Fremdkapital (Krediten) erfolgen soll, muss die Ausarbeitung des Business-Plans sehr solide sein; dieser ist der Bank vorzulegen. Im Übrigen ist damit zu rechnen, dass sich der Gründer für den Kredit als Sicherheit auch persönlich für die Rückzahlung verbürgen, oder privates Vermögen als Sicherheit belasten muss.

c) Rechtsform

Im nächsten Schritt ist zu prüfen welche Rechtsform für die Unternehmung bevorzugt wird. Hier spielen verschiedene Aspekte, wie Haftung, steuerliche und praktische Überlegungen, das Maß der gewünschten Flexibilität, das Maß der öffentlichen Zugänglichkeit von Informationen sowie die Höhe des möglichen Kapitaleinsatzes oder die Frage eine Rolle, ob das Unternehmen nur durch eine Person, oder durch mehrere Personen gegründet werden soll. Ein Unternehmen kann (1) als Einzelunternehmen, (2) als Personengesellschaft (wie GbR, OHG oder KG) oder (3) als juristische Person (wie UG (haftungsbeschränkt), GmbH oder AG) gegründet werden. Möglich sind auch Mischformen wie zB die GmbH & Co. KG.

Einzelunternehmen und Personengesellschaften sind von ihrer Handhabung flexibler als juristische Personen. Gelder können leichter entnommen werden; versteuert werden die Einkünfte auf Grundlage des persönlichen Steuersatzes des jeweiligen Gesellschafters, für die Verbindlichkeiten des Unternehmens haften die Gesellschafter grundsätzlich mit ihrem gesamten Privatvermögen.

Juristische Personen sind strikter in ihren gesetzlichen Vorgaben, es ist schwieriger, Geld aus dem Unternehmen zu entnehmen. Versteuert werden die Einkünfte zunächst auf Ebene der juristischen Person mit Gewerbe- und Körperschaftssteuer (bis zu 30 %). Wird kein Geld ausgeschüttet, erfolgt keine weitere Besteuerung beim Gesellschafter. Nur wenn Geld ausgeschüttet wird, erfolgt eine pauschale Besteuerung von 25 % auf Ebene des Gesellschafters. Positiv ist auch die Haftungsabschirmung der Gesellschaftsverbindlichkeiten von dem Privatvermögen der Gesellschafter (zu beachten ist jedoch, dass der Geschäftsführer dennoch einer gesetzlichen Haftung unterliegt). Bei juristischen Personen ist die Buchhaltung unabhängig vom Umsatz (im Gegensatz zur Personengesellschaft und zum Einzelunternehmer) komplizierte, da umsatzunabhängig eine Bilanz erstellt werden muss.

Eine GmbH & Co. KG ist eine gemischte Form, die beide Welten (Flexibilität der Personengesellschaft und Haftungsabschirmung der juristischen Person) miteinander verbindet. Jedoch ist hierfür die Buchhaltung und Steuererklärung für zwei Unternehmen zu fertigen, was die Unternehmung zu Beginn ggf. unnötig aufwendig gestaltet, zumal, wenn man zunächst auf die Hilfe eines Steuerberaters (aus finanziellen Gründen) verzichten möchte.

Generell ist zu empfehlen, dass man sich Rechtsberatung und Steuerberatung so früh wie möglich einholen sollte, sobald es die Finanzlage praktisch zulässt. Wenn man nicht sofort einen ständigen Beratungsvertrag eingehen möchte, empfiehlt es sich jedoch, jedenfalls die dringendsten Fragen zu Beginn mit einem Rechtskundigen zu erörtern, um grobe Fehler bereits beim erstmaligen Aufsetzen des Unternehmens zu vermeiden.

d) Weitere Schritte

Je nach gewählter Rechtsform sind verschiedene Schritte zum „Aufsetzen des Unternehmens“ durchzuführen. Jedenfalls ist im Zweifel ein Gewerbe anzumelden, ein Bankkonto (Geschäftskonto) zu eröffnen und der entsprechende Bogen des Finanzamtes zur steuerlichen Ersterfassung auszufüllen. Aus haftungsrechtlicher Sicht ist darauf zu achten, dass mit der unternehmerischen Tätigkeit nicht begonnen wird, bevor das Unternehmen offiziell existiert (bei OHG, KG, GmbH, GmbH & Co. KG usw. zB erst nach Eintragung im Handelsregister). Sonstige Voraussetzungen hängen von der jeweils gewählten Rechtsform ab. Die jeweiligen Pflichtmitgliedschaften zB bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) oder Handwerkskammer (HWK) sind zu beachten. Ebenfalls sollte man sich mit den für das Unternehmen allgemein geltenden Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) befassen. Neben den Rügeobliegenheiten, hat auch der Briefkopf eines Unternehmens eine gewisse Form zu wahren und Informationen zu enthalten. Darüber hinauf gibt es noch firmen-, marken- und datenschutzrechtliche sowie viele weitere Fragen (wie zB zum Wettbewerbs- und Urheberrecht) zu beachten.

e) Beginn der Unternehmung

Sodann kann mit der Unternehmung begonnen werden, sprich, es können Mietverträge und Lieferantenverträge geschlossen, Waren eingekauft und in sonstiger Weise im Namen des Unternehmens agiert werden. Viele weitere Fragen werden sich dann erst im Laufe der Zeit in der Praxis stellen.

Fazit:

Vor einer Existenzgründung (ob in Haupt- oder Nebentätigkeit) sind zunächst eine Vielzahl von richtungsweisenden Entscheidungen zu treffen, von denen mitunter der Erfolg der gesamten Unternehmung abhängen. Auch bei einer Gründung mit kleinem Budget lohnt es sich auf jeden Fall, zumindest die groben Fragen gemeinsam mit einem Rechtsfachmann zu klären, bevor man bereits bei der Gründung vermeidbare Fehler begeht.

Die Geschäftsführung

09.07.2021 – 18:20 Uhr

Zwischen Gestaltungsmacht und Haftungsrisiko

Einleitung:

Geschäftsführung heißt persönliche Verantwortung für die Geschicke des Unternehmens zu übernehmen. Der Geschäftsführer behält den Überblick, leitet Angestellte an, trifft teilweise auch richtungsweisende Entscheidungen. Kurzum er steht an „vorderster Front“. Ihm werden im Zweifel sämtliche Erfolge aber auch Misserfolge des Gesamtunternehmens zugerechnet. Der Geschäftsführer trifft sämtliche Entscheidungen im üblichen Geschäftsgang, er vertritt die Gesellschaft sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich. Eine spannende und abwechslungsreiche Tätigkeit ist dem Geschäftsführer so quasi garantiert.

Doch die weitgehende Handlungs- und Gestaltungsfreiheit im Namen des Unternehmens kommt mit verschiedenen Haftungsrisiken, derer sich jeder Geschäftsführer bewusst sein sollte. Insbesondere in der Krise oder Insolvenzreife der Gesellschaft ist Vorsicht geboten. Hier kann der Geschäftsführer schnell in die Haftungsfalle tappen, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Umfang der Geschäftsführungsbefugnis:

Dieser Beitrag beschäftigt sind vornehmlich mit der Rechtslage der GmbH. Andere Gesellschaftsformen (insbesondere Personengesellschaften wie OHG und KG) stehen auf abweichenden gesetzlichen Grundlagen. Bei der KG z.B. kann es keinen Fremd-Geschäftsführer (Geschäftsführer, der nicht gleichzeitig Gesellschafter ist) geben; auch die gesetzlichen Regeln zur Geschäftsführung und Vertretung weichen in ihren Grundzügen bereits von denen der Kapitalgesellschaften ab. Bei der GmbH sind Fremd-Geschäftsführer – im Gegensatz zu den Personengesellschaften – jedoch unproblematisch möglich und auch mehr als üblich. Nachfolgend liegt der Focus auf der GmbH (als Vertreterin der Kapitalgesellschaften).

Im normalen Geschäftsgang hat der Geschäftsführer der GmbH im Außenverhältnis (also ggü. außerhalb der Gesellschaft stehenden Dritten) unbegrenzte Vertretungsmacht. Im Namen der Gesellschaft kann dieser somit im Grunde jedes beliebige Geschäft abschließen. „Nach außen“ ist der Geschäftsführer nur bei sog. Grundlagengeschäften beschränkt, die alleine den Gesellschaftern vorbehalten sind. Nach außen kann nur bestimmt werden, ob ein Geschäftsführer alleine die Gesellschaft überhaupt vertreten können soll (sog. Einzelvertretungsberechtigung) oder ein Geschäftsführer die Gesellschaft nur mit einem andren Geschäftsführer gemeinschaftlich oder nur zusammen mit einem Prokuristen vertreten können soll (sog. Gesamtvertretungsberechtigung). Bei mehreren Geschäftsführern können manche Geschäftsführer einzelvertretungsberechtigt, andere aber nur gesamtvertretungsberechtigt sein. Ist nur ein Geschäftsführer bestellt, muss dieser jedoch zwingend einzelvertretungsberechtigt sein.

Im Innenverhältnis (d.h. mit Blick auf die Beziehung zwischen Geschäftsführer und Gesellschafter) sind jedoch mannigfaltige Spielarten möglich. Die Gesellschafterversammlung ist grundsätzlich das höchste Organ der Gesellschaft (Ausnahme ist hier beispielsweise die Aktiengesellschaft (AG); deren Hauptversammlung hat eher einen geringen Einfluss auf die AG). Die Gesellschafterversammlung der GmbH, die die in Deutschland am meisten verbreitete Gesellschaftsform darstellt, kann jederzeit sämtliche Geschäfte der Gesellschaft „an sich ziehen“ und selbst bestimmten. Auch kann sie der Geschäftsführung verbindliche Weisungen erteilen, derer sich die Geschäftsführer nur in sehr geringem Maße widersetzen können. Gleichsam können die GmbH-Gesellschafter die Geschäftsführungsbefugnis ihrer Geschäftsführer im Innenverhältnis weitgehend einschränken, auf eine bestimmte Region oder ein sachliches Einsatzgebiet beschränken und umfangreiche sog. zustimmungspflichtige Rechtsgeschäfte vorgeben, bei deren Vornahme stets die vorige Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen ist. So kann – um nur eines von vielen Beispielen zu nennen – vorgegeben werden, dass allgemein der Abschluss von Verträgen mit einem Jahresvolumen von TEUR 50 stets der vorigen Zustimmung der Gesellschafter bedarf.

Beschränkungen im Innenverhältnis haben auf die Vertretungsmacht im Außenverhältnis keinen Einfluss. Verstößt der Geschäftsführer daher (ohne Kenntnis des dritten Vertragspartners) gegen eine interne Beschränkung und schließt einen Vertrag z.B. trotz eines Zustimmungsvorbehaltes ohne die erforderliche Zustimmung der Gesellschafterversammlung ab, ist der Vertrag dennoch voll wirksam.

Auf Grund des Verstoßes gegen eine Beschränkung im Innenverhältnis besteht ggf. jedoch ein Schadenersatzanspruch der Gesellschaft gegen ihren Geschäftsführer, soweit der Gesellschaft durch den Verstoß ein Schaden entstanden sein sollte. Hiermit kann problemlos zur nächsten Facette der Geschäftsführer-Tätigkeit übergeleitet werden.

Haftungsrisiko:

Der Geschäftsführer ist im Allgemeinen dem Gesetz, der Gesellschafts-Satzung (insbesondere auch dem Gesellschafts-Zweck) und den Weisungen der Gesellschafterversammlung verpflichtet.

Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines „ordentlichen Geschäftsmannes“ anzuwenden, wie es in § 43 Absatz 1 GmbHG heißt.

Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden, § 43 Absatz 2 GmbHG.

Natürlich haftet der Geschäftsführer nicht für jeden Fehlkauf von Handelsware oder ähnliches. Ob sich ein Rechtsgeschäft als (jedenfalls betriebswirtschaftlicher) Fehler herausstellt, entscheidet sich meist ohnehin erst im Nachhinein und ist von verschiedensten Faktoren abhängig, die der Geschäftsführer im Zweifel oft gar nicht beeinflussen kann (z.B. Konjunktur, geänderte gesetzliche Bestimmungen). Ob ein betriebswirtschaftlicher Fehler auch gleichzeitig eine Pflichtverletzung im Sinne des Schadensrechtes darstellt, orientiert sich daran, ob sich der Geschäftsführer bei seiner Entscheidung auf eine umfangreich recherchierte Faktenlage stützen konnte, oder nur „aus dem Bauch“ ohne Hintergrundwissen entschieden hat (sog. Business-Judgment -Rule).

Eine Haftung besteht grundsätzlich zunächst nur ggü. der Gesellschaft, also des Unternehmens. Eine direkte Haftung der Geschäftsführer für Schäden Dritter sieht das Gesetz nicht vor. Allerdings heißt dies nicht, dass die Gefahr der persönlichen Inanspruchnahme des Geschäftsführers seitens Dritter überhaupt nicht bestünde. Führt eine einzige Pflichtverletzung des Geschäftsführers, z.B. gleichzeitig zu einem Schadenersatzanspruch der Gesellschaft gegen ihn selbst und gleichzeitig zu einem Schadenersatzanspruch eines Dritten gegen die Gesellschaft, hat der Dritte ggf. die Möglichkeit, in den Anspruch zwischen Gesellschaft und Geschäftsführer zu vollstrecken um damit direkt und persönlich gegen den Geschäftsführer vorzugehen.

Außerhalb dieses Spezialfalls kommt es jedoch auch häufig zu der Situation, dass die Gesellschaft einen etwaig bestehenden Anspruch gegen den Geschäftsführer nie durchsetzt, der Geschäftsführer also nie persönlich für Pflichtverletzungen ggü. der Gesellschaft haftet. Dies kommt nicht zuletzt dann vor, wenn der Geschäftsführer gleichzeitig der Haupt-Gesellschafter der GmbH ist (sog. Gesellschafter-Geschäftsführer). Denn fallen Gesellschafterstellung und Geschäftsführung in einer Person zusammen, wird der Allein-Gesellschafter natürlich nicht im Namen der Gesellschaft gegen sich selbst (als Geschäftsführer) vorgehen. Dies wird nicht passieren, weshalb viele Pflichtverletzungen von Geschäftsführern ohne schadenersatzrechtliche Konsequenzen bleiben.

Kritisch wird es nur in der Krise der Gesellschaft. Insbesondere wenn bereits Insolvenzreife eingetreten ist. Denn übernimmt erst ein Insolvenzverwalter die Geschicke der Gesellschaft, wird dieser jede mögliche Forderung der Gesellschaft geltend machen, auch gegen den vorigen Gesellschafter-Geschäftsführer. Insbesondere die neuen §§ 15a und 15b der Insolvenzordnung enthalten scharfe straf- und zivilrechtliche Folgen für Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit Handlungen und Unterlassungen insbesondere natürlich der Geschäftsführer der insolventen Gesellschaft. Neben der strafrechtlichen Dimension haften die Geschäftsführer z.B. für jede Zahlung, die sie nach Eintritt der Insolvenzreife im Namen der Gesellschaft geleistet haben. Selbst die Einzahlung von Geld auf ein Bankkonto der Gesellschaft kann u.U. problematisch sein. Befindet sich das Bankkonto nämlich im Soll (also im Minus) und wird auf dieses Konto Geld eingezahlt, wird die Einzahlung zunächst mit der Forderung der Bank verrechnet. Dies führt zu einer Schmälerung der Insolvenzmasse, die der Geschäftsführer persönlich zu ersetzen hat. Sollte daher nur der Verdacht der Insolvenzreife bestehen, ist jedem Geschäftsführer dringend (!) zu raten, sich fachkundigen Rechtsbeistand einzuholen. Denn Achtung: Die Insolvenzreife ist von jedem Geschäftsführer einer Gesellschaft selbständig zu prüfen. Selbst wenn der konkrete Geschäftsführer gar nicht für Finanzen, sondern intern für einen ganz anderen Bereich zuständig ist, muss er den Insolvenzstatus aus bloßem Eigeninteresse stets im Blick behalten, da er im Zweifel für jede Zahlung nach Insolvenzreife mithaftet.

Für verschiedene Haftungstatbestände bieten große Versicherer sogenannte D&O (Directors and Officers) Versicherungen an, die einen Teil der Haftungsrisiken der Geschäftsführungstätigkeit abdecken. Insolvenzhaftung ist jedoch hier oft ausgeschlossen, sodass die Versicherungsbedingungen stets kritisch zu prüfen sind.

Fazit:

Die Tätigkeit als Geschäftsführer bietet viel Spielraum und eine verantwortungsvolle Tätigkeit. Die Risiken, insbesondere Haftungsrisiken sowohl innerhalb und außerhalb der Krise, sollten jedoch jedem Geschäftsführer bewusst sein, um diese im Vorfeld und durch kluge Entscheidungen und Vorsorge so gering wie möglich zu halten. Bei Unsicherheiten sollte der Rechtsbeistand des Vertrauens befragt werden.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)

16.07.2021 – 16:15 Uhr

Einbeziehung in den Vertrag, Wirksamkeit und Folgen der Rechtswidrigkeit

Allgemein:

AGB begegnen jedem von uns ständig im Rechtsverkehr – ob Verbraucher oder Unternehmer, ob privat oder geschäftlich. Schließt jemand (in aller Regel als Anbieter einer Ware oder Dienstleistung) dauernd gleichartige Geschäfte ab, ist es für denjenigen angenehm, zeitsparend und praktisch, neben den für den Vertrag unbedingt nötigen Vereinbarungen (Hauptvertragsinhalt) – wie Vertragsgegenstand, Vertragsparteien und Gegenleistung –, weitere Regelungen (Vertrags-Nebenabreden) – wie Fälligkeit, Verzug, Lieferbedingungen, Kündigungsbedingungen und vieles mehr – dem Vertrag so zu Grunde zu legen, dass alle geschlossenen Verträge (hoffentlich) für jede Eventualität und jeden möglichen Einzelfall eine passende Regelung bereithalten. Diese Zusammenfassung von Vertrags-Nebenabreden, die zur vielfachen Verwendung in gleichartigen Rechtsgeschäften bestimmt ist, und die die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei einseitig vorschreibt bzw. stellt, nennt man AGB. Die Vertragspartei, die die AGB stellt, nennt man auch den „Verwender“.

Die Alternative zu AGB wäre es, jede einzelne Klausel für jeden Vertrag erneut individuell auszuhandeln und zu vereinbaren.

AGB schaffen eine gewisse Rechtssicherheit. Denn es ist besser, wenn der Vertrag für eine konkret eintretende Situation eine Regelung bereithält, als wenn er im Einzelfall keine Lösung vorsieht. Im letzteren Fall kann es schnell zum Streit zwischen den Vertragsparteien kommen. Individuell werden meist nur wenige Regelungen vereinbart. Die „Chance“ dass AGB eine Spezialvereinbarung für einen Sonderfall enthalten, ist daher weitaus höher, als bei reinen Individualverträgen.

Alle individuell ausgehandelten Vertragsbestandteile, insbesondere auch der Hauptvertragsinhalt, sind einer gerichtlichen Kontrolle (u.a. mit Ausnahme der Sittenwidrigkeit) entzogen, also nicht gerichtlich überprüfbar.

AGB im o.g. Sinne unterliegen jedoch der gerichtlichen Kontrolle nach den gesetzlichen Regelungen der §§ 305-310 BGB. Dies ist auch durchaus sinnvoll, da die meisten (insbesondere die Verbraucher) das berühmte „Kleingedruckte“ nicht lesen und ungesehen akzeptieren oder erst gar nicht zur Kenntnis nehmen, dass AGB in den Vertrag einbezogen werden sollen.

Nachfolgend werden das System der Einbeziehung, der Wirksamkeit und die Folgen der Rechtswidrigkeit von AGB-Klauseln im Überblick beschrieben.

Dieser Beitrag ersetzt jedoch natürlich keine Rechtsberatung und soll nur als Orientierung dienen. Bei konkreten Rechtsfragen sollte stets der Anwalt des Vertrauens befragt werden.

Einbeziehung in den Vertrag:

Wie man AGB definiert, wurde bereits im vorigen Abschnitt behandelt. Nun widmen wir uns der Frage, wann die AGB eigentlich in der Regel zu beachten sind.

Die AGB gelten nämlich nur dann, wenn sie wirksam in den Vertrag einbezogen wurden.

Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat.

Die Einbeziehung steht unter unterschiedlichen Voraussetzungen, je nachdem, ob die AGB gegenüber einem Verbraucher oder einem Unternehmer gelten sollen.

Insbesondere bei Verbrauchern werden die AGB grundsätzlich nur dann Bestandteil des Vertrages, wenn der Verwender (1) bei Vertragsschluss die andere Vertragspartei ausdrücklich auf die AGB hinweist, (2) der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen und (3) wenn die andere Vertragspartei mit der Geltung der AGB einverstanden ist.

Oft – z.B. in Supermärkten oder anderen Ladenlokalen – ist ein ausdrücklicher Hinweis an jeden Kunden wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich. Schließlich kann z.B. der Kassierer an der Supermarktkasse schlichtweg nicht jeden einzelnen Kunden auf die Geltung der AGB hinweisen und ihm eine Kopie derselben „in die Hand drücken“. In diesen Fällen reicht dem Gesetz ein deutlich sichtbarer Aushang am Orte des Vertragsschlusses.

Die Möglichkeit sich von den AGB Kenntnis zu verschafft, ist bereits gegeben, wenn die AGB als Aushang vorhanden sind, oder (jedenfalls im Online-Handel) durch Verweis auf die im Internet abrufbaren AGB. Wird auf die eigene Homepage verwiesen, muss selbstverständlich die aktuelle Version auch leicht abrufbar sein. Zudem schreibt das Gesetz vor, dass der Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigen muss. Hängt ein Aushang der AGB im Ladenlokal, werden diese für einen Blinden beispielsweise nicht gelten, wenn sie diesem durch den Verwender nicht vorgelesen oder in sonst für den Blinden wahrnehmbarer Form zur Verfügung gestellt werden.

Schließt der Kunde einen Vertrag ab, ist – bei Vorliegen der sonstigen o.g. Voraussetzungen – auch davon auszugehen, dass er mit der Geltung der AGB einverstanden ist. Die Geltung der AGB stillschweigend zu missbilligen, den Vertrag aber trotzdem zu schließen, wird denjenigen nicht vor der Geltung der AGB bewahren. Es ist im Gegenteil davon auszugehen, dass der Verwender den Vertrag nur schließt, wenn seine AGB gelten und sonst im Zweifel auf den Vertragsschluss verzichtet.

Sonstige Sonderreglungen gelten u.a. im Bahnverkehr sowie bei bestimmten, Elektrizitäts-, Gas-, Post- und Telekommunikationsanbietern. Hier sind die oben beschriebenen Voraussetzungen ggf. für die Einbeziehung nicht erforderlich.

Die oben beschriebenen Voraussetzungen der Einbeziehung der AGB gelten auch dann nicht, wenn AGB gegenüber einem Unternehmer gestellt werden. Hier gelten die normalen gesetzlichen Vorschriften zum Vertragsschluss. Für Unternehmer gelten daher abweichende Regelungen. Unternehmern traut der Gesetzgeber zu, dass sie sich mit den Marktgepflogenheiten und dem Prozedere des Vertragsschlusses auskennen und daher weniger schutzwürdig sind.

Wirksamkeit / Unwirksamkeit:

Sind die AGB im Grunde in den Vertrag einbezogen, stellt sich die weitere Frage, ob die jeweilige und im konkreten Fall vielleicht einschlägige Klausel wirksam oder doch unwirksam ist.

Als erster Grundsatz gilt zunächst, dass Bestimmungen in AGB, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil werden. Zweifel bei der Auslegung der AGB gehen immer zu Lasten des Verwenders.

Ein prominentes Beispiel ist der berühmte Waschmaschinen-Fall. Verkauft man ein Zeitungs-Abonnement kann man nicht wirksam in seine AGB schreiben, dass der Kunde sich beim Abschluss des Abonnements zusätzlich verpflichtet, eine Waschmaschine käuflich zu erwerben. Mit einer solchen Regelung muss der Kunde nicht rechnen. Diese und ähnliche Klauseln werden nie Vertragsbestandteil werden.

Ansonsten sieht das Gesetz in den §§ 307 bis 309 BGB differenzierte Wertungen für die Rechtwidrigkeit von AGB-Klauseln vor. Um nur ein Beispiel zu nennen, darf der Verwender in seinen AGB nicht vorsehen, dass der Kunde eine Vertragsstrafe zu zahlen hat, wenn er den Vertrag ordentlich kündigt. Diesen und viele weitere Spezialfälle hält das Gesetz zur Bewertung von AGB Klauseln bereit.

Für alle nicht geregelten Fälle sieht § 307 BGB allgemeine Bewertungs-Grundsätze vor. Bestimmungen in AGB sind hiernach unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Eine unangemessene Benachteiligung ist hier im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Zu dieser allgemeinen und doch allumfassenden Regelung sind zu vielen Sonderkonstellationen Gerichtsurteile ergangen, die man nicht alle aufzählen kann. Zu Fragen im konkreten Einzelfall sollte ein Rechtsbeistand zu Rate gezogen werden.

An dieser Stelle ist auch sicher interessant zu wissen, dass die gesamten, in diesem Beitrag beschriebenen AGB-Regeln, auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen nicht anzuwenden sind. Diese Verträge werden daher nur im gesamten betrachtet, ohne dass die Wirksamkeit jeder einzelnen Klausel separat überprüft werden kann.

Folgen der Rechtswidrigkeit von Klauseln:

Ist eine Klausel nach den o.g. Kriterien unwirksam, ist sie nicht anzuwenden, wobei der Vertrag im Übrigen wirksam bleibt. Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

In Sonderfällen kann jedoch auch dann der gesamte Vertrag unwirksam sein, nämlich wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der dann geltenden gesetzlichen Reglungen eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde. Dies stellt aber den äußersten Ausnahmefall dar.

Fazit:

Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat viele Facetten und sollte niemals in seiner Folgenschwere unterschätzt werden. Ob man die Wirksamkeit von AGB in einem bereits geschlossenen Vertrag überprüfen möchte, oder ob man sicherstellen will, dass die eigenen AGB einer gerichtlichen Überprüfung standhalten; in jedem Fall ist zu empfehlen, einen Expertenrat einzuholen.

Transparenzregister wird zum Vollregister

21.07.2021 – 17:00 Uhr

Erneute Verschärfung des Geldwäschegesetzes (GwG) zum 01.08.2021 – insbesondere Ausbau des Transparenzregisters zum Vollregister, lange Übergangsfristen

Pflichten im Zusammenhang mit dem Transparenzregister:

Im Rahmen der Umsetzung der verschiedenen EU-Gelwäsche-Richtlinien wurde zur Verhinderung der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung erstmals zum 01.10.2017 das sog. Transparenzregister eingeführt. In diesem müssen Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten von u.a. Kapitalgesellschaften, eingetragenen Personengesellschaften, Stiftungen und Vereinen zugänglich gemacht werden. Die transparenzpflichtigen Einheiten sind hiernach verpflichtet, die Angaben ihrer wirtschaftlich Berechtigten „einzuholen, aufzubewahren, auf aktuellem Stand zu halten und der registerführenden Stelle unverzüglich zur Eintragung in das Transparenzregister mitzuteilen“. Verstöße können als Ordnungswidrigkeiten geahndet und mit Geldbußen von bis zu EUR 100.000 belegt werden.

Tatsächliche und fiktiv wirtschaftlich Berechtigte:

Wirtschaftlich Berechtigter nach § 3 Abs. 1 GWG kann nur eine natürliche Person sein. Gesellschaften gleich welcher Rechtsform sind niemals als wirtschaftliche Berechtigte im Transparenzregister zu nennen. Als wirtschaftlich Berechtigter gilt allgemein diejenige natürliche Person, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle die transparenzpflichtige Einheit letztlich steht. Werden die Anteile einer Gesellschaft wiederum durch eine andere Gesellschaft gehalten, ist jeweils zu prüfen, welche natürliche Person an dieser Gesellschaft wirtschaftlich berechtigt ist. Die Prüfung wird solange fortgesetzt, bis eine natürliche Person als wirtschaftlich Berechtigter ermittelt wurde oder festgestellt wurde, dass es bei der Gesellschaft keinen wirtschaftlich Berechtigten im Sinne des Gesetzes gibt. Die Angaben bezüglich des wirtschaftlich Berechtigten umfassen Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnort, Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses sowie Staatsangehörigkeiten. Nach § 3 Absatz Satz 1 GWG zählt eine natürliche Person zu den wirtschaftlich Berechtigten, wenn diese unmittelbar oder mittelbar

– mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile hält,

-mehr als 25 Prozent der Stimmrechte kontrolliert oder

-auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt.

Kontrolle liegt insbesondere vor, wenn die natürliche Person unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann. Ist der Komplementär einer KG eine natürliche Person oder wird die Komplementär-GmbH von einer natürlichen Person im oben beschriebenen Sinne beherrscht, ist diese natürliche Person in der Regel als tatsächlich wirtschaftlich Berechtigter anzusehen. Nur wenn keine natürliche Person ermittelt werden kann, gilt als wirtschaftlich Berechtigter der gesetzliche Vertreter, geschäftsführende Gesellschafter oder Partner des Vertragspartners (fiktiv wirtschaftlich Berechtigte), § 3 Absatz 2 Satz 5 GWG.

Erweiterung des Transparenzregisters zum Vollregister / Wegfall der sog. „Meldefiktion“:

Bisher war das Transparenzregister kein vollwertiges öffentliches Register, wie beispielsweise das Handelsregister. Insbesondere wenn die wirtschaftlich Berechtigten bereits aus den elektronisch abrufbaren öffentlichen Registern (Handelsregister, Partnerschaftsregister etc.) zu erkennen waren, sah § 20 Absatz 3 GwG vor, dass eine zusätzliche Meldung zum Transparenzregister nicht mehr nötig sei. Die Meldung wurde in diesen Fällen also „fingiert“.

Zum 01.08.2021 erfolgt nun eine weitere Änderung des GwGInsbesondere entfällt die oben beschriebene – noch bis zum 31.07.2021 geltende – Meldefiktion des § 20 Absatz 3 GwG ersatzlos.

Dies wird zur Folge haben, dass künftig alle wirtschaftlich Berechtigten von juristischen Personen (GmbH, AG, etc.) und eingetragenen Personengesellschaften (KG, OHG) nun – völlig unabhängig von den jeweiligen Eintragungen in anderen Registern – zum Transparenzregister gemeldet werden müssen.

Mithin sind sämtliche Gesellschaften in Form der GmbH, UG und AG sowie auch KG, GmbH & Co. KG und OHG in das Transparenzregister einzutragen. Dies gilt nunmehr auch für die „Ein-Mann-GmbH & Co. KG“, die zuvor ebenfalls noch unter die Meldefiktion fiel.

Für Vereine gilt ab 01.08.2021 eine Ausnahme gemäß dem neu eingefügten § 20a GwG. Für eingetragene Vereine nach § 21 BGB erstellt die registerführende Stelle anhand der im Vereinsregister eingetragenen Daten selbst eine Eintragung in das Transparenzregister, ohne dass es hierfür einer Mitteilung bedarf. Ein Grund hierfür ist, dass eingetragene Vereine in der Regel keine tatsächlich wirtschaftlich Berechtigten haben. Solange also alle Eintragungen unverzüglich zum Vereinsregister angemeldet werden und der Verein keine tatsächlich wirtschaftlichen Berechtigten hat, besteht bei eingetragenen Vereinen kein Handlungsbedarf.

Nach der GwG-Änderung zum 01.08.2021 nicht eintragungspflichtig bleiben (vorerst) Unternehmen in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), da das GwG (bisher) nur eingetragene Personengesellschaften (KG, OHG, Partnerschaftsgesellschaft) adressiert. Mittlerweile steht jedoch im Rahmen der Modernisierung des Gesellschaftsrechtes (MoPeG) die nächste Änderung des Transparenzregisterrechts ins Haus (Stichwort neues „Gesellschaftsregister“), welche dann letztendlich auch (bis auf wenige Ausnahmen) die Eintragungspflicht der GbR zur Folge haben wird.

Übergangsfristen für die Neuregelung:

Für die Unternehmen, die nicht bereits nach voriger Regelung eintragungspflichtig waren, gelten jedoch erhebliche Übergangsfristen. Unternehmen in der Rechtsform der AG, SE und KGaA wird wenigstens eine Übergangsfrist bis spätestens 31.03.2022 gewährt. Unternehmen in der Rechtsform der GmbH, UG, Genossenschaft oder Partnerschaft müssen die Eintragung spätestens bis zum 30.06.2022, Unternehmen in der Rechtsform der (GmbH & Co.) KG, OHG sowie in allen übrigen Rechtsformen spätestens bis zum 31.12.2022 vornehmen. 

Fazit:

Die aktuelle Gesetzeslage im Bereich Geldwäscheprävention ist momentan im ständigen Fluss und ändert sich laufend. Mit Blick auf die empfindlichen Bußgelder im Falle der Missachtung der gesetzlichen Obliegenheiten, sollte die aktuelle Gesetzeslage daher aufmerksam verfolgt werden. Zwar gewährt der Gesetzgeber erhebliche Übergangsfristen, weshalb (noch) kein dringender Handlungsbedarf besteht. Je eher man die Meldung vornimmt, desto geringer ist jedoch die Gefahr, dass die Umsetzungsfrist in der Hektik des Tagesgeschäftes untergeht, was – wie beschrieben – zur Festsetzung empfindlicher Bußgelder führen kann. Bei Unsicherheiten über Eintragungspflichten zum Transparenzregister und den entsprechenden Übergangsfristen, zögern Sie nicht, mich anzusprechen.

Verkehrsunfall nach Spurwechsel

09.08.2021 – 16:12 Uhr

Auffahrunfall nach Fahrspurwechsel, Wer haftet nun?!

Allgemein:

Welcher Autofahrer kennt nicht die folgende Situation? Man fährt mit dem Auto auf einer Straße mit zwei Fahrspuren in eine Richtung. Man hält den erforderlichen Abstand zum „Vordermann“ ein. Plötzlich „quetscht“ sich der Fahrer eines anderen Autos mit seinem Fahrzeug von der parallel laufenden Spur in die Lücke, die zuvor gerade so für den eigenen Mindestabstand zum vorfahrenden Fahrzeug ausgereicht hatte. Mit anderen Worten der eigene Abstand zu dem neu einscherenden Fahrzeug beträgt in dieser Sekunde so gut wie „null“. In dieser Situation kommt es oft dazu, dass der neu Einscherende noch zusätzlich bremsen muss, um nicht dem vorfahrenden Fahrzeug aufzufahren.

Um einen Unfall zu vermeiden, muss man somit schnellstmöglich selbst bremsen, um den Mindestsicherheitsabstand zum (neuen) „Vordermann“ wiederherzustellen, bzw. um dem einscherenden Fahrzeug nicht selbst „in den Kofferraum zu fahren“. Dabei hofft man, dass der rückwärtige Verkehr so geistesgegenwärtig ist, auch zu Bremsen.

Aber was ist eigentlich, wenn einer der Beteiligten nicht mehr rechtzeitig bremsen kann und es zu einem Verkehrsunfall kommt? Wer muss was beweisen? Und wer haftet im Endeffekt?

Dieser Beitrag soll diese Fragestellungen im Überblick behandeln, ohne jedoch einen Anspruch auf Vollständigkeit zu haben. Dieser Beitrag ersetzt natürlich auch keine Rechtsberatung im Einzelfall.

Grundsätze des Anscheinsbeweises:

Der Anscheinsbeweis ist eine besondere Variante des Indizienbeweises. Er gilt bei typischen Geschehensabläufen, also Fällen, in denen die allgemeine Lebenserfahrung auf einen sehr wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen einer Ursache und einer konkreten Wirkung hinweist (BGH NJW-RR 2014, 1115; NJW 2013, 2901). Gerade im Straßenverkehr spielt der Anscheinsbeweis daher eine erhebliche Rolle. Ist ein solcher, typischer Sachverhalt gegeben, spricht also die allgemeine Lebenserfahrung für einen gewissen Ursachenzusammenhang, wird ein Gericht den entsprechenden Beweis grundsätzlich als erbracht ansehen, wenn nicht konkrete Besonderheiten des Einzelfalles einen anderen Schluss nahelegen (der Anscheinsbeweis also „erschüttert“ wird).

Der Anscheinsbeweis ist auch deshalb besonders, weil er von den allgemein anzuwendenden Beweisgrundsätzen abweicht. Denn normalerweise muss jeder diejenigen Tatsachen beweisen, die den eigenen behaupteten Anspruch begründen. Will man also etwa Schadenersatz wegen der Beschädigung einer Sache, muss man grundsätzlich beweisen, dass der etwaige Anspruchsgegner die Sache tatsächlich schuldhaft kaputt gemacht hat und dadurch ein Schaden entstanden ist. Nicht so beim Anscheinsbeweis, der die Kausalität zwischen Handlung und Schaden sowie die darin zu sehende Pflichtverletzung aus der allgemeinen Lebenserfahrung entnimmt.

Anscheinsbeweis beim Auffahrunfall:

Bei einem Auffahrunfall gilt isoliert betrachtet ebenfalls der soeben beschriebene Anscheinsbeweis.

Denn wenn ein Fahrer eines Fahrzeuges mit dem Wagen eines anderen durch „hinten Auffahren“ kollidiert, sagt die allgemeine Lebenserfahrung, dass der Auffahrende „wohl nicht aufgepasst“ oder „wohl zu wenig Abstand gehalten“ hat.

„Wer auffährt ist schuld“, heißt es daher oft, wenn man sich mit juristischen Laien unterhält. Dies ist mit Blick auf das oben Ausgeführte auch nicht ganz falsch, stimmt aber nicht immer.

Anscheinsbeweis beim Unfall nach Spurwechsel:

Gleiches wie beim „hinten Auffahren“ gilt auch bei einem Unfallereignis nach Spurwechsel. § 7 Absatz 5 Satz 1 StVO schreibt vor, dass ein Fahrstreifen nur gewechselt werden darf, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.

Passiert ein Unfall unmittelbar nach einem Spurwechsel ist ebenfalls ein Anscheinsbeweis anzunehmen, da ein nach der Lebenserfahrung typischer Ursachenzusammenhang zwischen Spurwechsel und Unfallereignis gerichtlich anerkannt ist. Denn bei einem Unfall nach Spurwechsel ist allgemein anzunehmen, dass der Spurwechselnde wohl gerade nicht alles Zumutbare getan hat, um die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschießen. Wie oben, ist es Aufgabe des Betroffenen (Spurwechslers) den Anscheinsbeweis zu erschüttern.

Der Anscheinsbeweis gilt aber natürlich nicht „ewig“. Denn z.B. zehn Minuten nach dem Spurwechsel, wird niemand mehr ernsthaft ein dann eintretendes Unfallereignis auf den sich bereits vor zehn Minuten ereigneten Spurwechsel zurückführen wollen. Wenn der rückwärtige Verkehr nämlich nach dem Spurwechsel ausreichend Zeit hatte, sich auf die neue Situation einzustellen, um insbesondere den Sicherheitsabstand wiederherzustellen, kann der Spurwechsel nicht mehr alleinursächlich für den Unfall sein, weshalb dieser Anscheinsbeweis dann nicht mehr anwendbar ist. Vielmehr wird dann im Zweifel der Auffahrende wieder im Rahmen des Anscheinsbeweises in den Fokus genommen werden.

Verhältnis zwischen Spurwechsel und Auffahrunfall:

Der Anscheinsbeweis des Spurwechsels „schlägt“ den des Auffahrens im Zweifel vollständig, sodass anzunehmen ist, dass der Spurwechsler die volle Verantwortung und Kosten des Unfalls zu tragen haben wird, solange der Anscheinsbeweis des Spurwechsels besteht.

Ob oder welche Anscheinsbeweise im konkreten Einzelfall bestehen und wer am Ende haftet, bedarf natürlich individueller Prüfung.

Fazit:

Die konkrete Beweislage ist im Grunde in jedem Rechtsstreit eine der entscheidenden Fragen, die über Obsiegen oder Niederlage vor Gericht oder auch außergerichtlich entscheiden. Gerade im Straßenverkehrsrecht ist auch der Anscheinsbeweis ein nicht zu unterschätzender Faktor, da er die Beweislast ein Stück weit verschiebt. Aufgrund der Vielschichtigkeit der möglichen Verkehrssituationen, die rechtlich oft sehr unterschiedlich zu bewerten sind, sollte nach dem Unfallereignis schnellstmöglich der Rechtsbeistand des Vertrauens befragt werden.

Vorsicht beim Vertrauen auf Versprechungen

25.08.2021 – 20:45 Uhr

„unvollkommene Verbindlichkeiten“ und ungeahnte Formvorschriften

Einleitung:

Ein juristischer Grundsatz lautet „Pacta sunt servanda“ (lat.). Wörtlich übersetzt heißt er so viel wie „Verträge sind einzuhalten“. Der Grundsatz betrifft also die Vertragstreuepflicht. Vereinfacht kann man auch sagen „was ich verspreche, muss ich auch halten“. Verträge sind nichts anderes, als (meist wechselseitige) Versprechen.

Das Rechtssystem gibt jedem Einzelnen grundsätzlich die Möglichkeit, seine aus solchen Verträgen entstandenen Ansprüche auch degenüber dem Vertragspartner durchzusetzen, also (notfalls gerichtlich) dafür zu sorgen, dass das Gegenüber seine Versprechungen auch einhält. Wird das Gegenüber vertragsbrüchig, hält es sich also nicht an die Vereinbarung, hat der Anspruchsinhaber zunächst die Möglichkeit, die Vertragserfüllung, oder alternativ den Ersatz des durch die Vertragspflichtverletzung entstanden Schaden vom Vertragsbrüchigen zu verlangen.

Doch manche Ansprüche kann man eben nicht gerichtlich durchsetzen. An dieser Stelle sind gerade nicht diejenigen Fallkonstellationen gemeint, bei denen die Durchsetzung des Anspruchs wegen anderer Gründe scheitert – wie z.B. Verjährung des Anspruches, oder der schlichten Tatsache, dass der Anspruchsgegner kein Geld hat und man „einem nackten Mann schwerlich in die Tasche greifen kann“. Diese Fälle sind hier nicht Thema.

Mit diesem Beitrag sollen vielmehr die Fälle in den Blick genommen werden, in denen bereits von Gesetzes wegen schon kein durchsetzbarer Anspruch entsteht, auch wenn sich die Vertragsparteien über alle wesentlichen Vertragsinhalte geeinigt haben. Beispielhaft sind hier insbesondere das reine Schenkungsversprechen, Glücksspielverträge, die Verlobung (als Eingehen eines Eheversprechens), die Heiratsvermittlung, formlose Grundstücksgeschäfte sowie die Verfügung über eigenes Vermögen eines Ehegatten zu nennen.

Einzelfälle:

1. Schenkungsversprechen, §§ 516, 518 BGB

Schenkungen sind ganz alltägliche Rechtsgeschäfte. Klassisch werden diese an Geburtstagen, Weihnachten, Hochzeiten, usw. verteilt. Auch wenn man jemandem ein Taschentuch, einen Kaugummi oder eine Zigarette anbietet, ist das genauso eine Schenkung, wie wenn der Vater seiner Tochter im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein Aktien-Depot zuwendet.

Doch die meisten sind erstaunt, wenn sie erfahren, dass Schenkungen eigentlich formbedürftig sind. Und nein, Schriftform reicht nicht aus. Schenkungen müssen nach § 518 BGB grundsätzlich notariell beurkundet werden. Dies dürfte den meisten juristischen Laien nicht bewusst sein. Unter dem Christbaum und bei sonstigen ähnlichen Gelegenheiten führt die fehlende notarielle Beurkundung auch nur deshalb nicht zur Unwirksamkeit der Schenkung, weil es sich hier um sog. „Handschenkungen“ handelt, bei denen das Schenkungsversprechen sofort erfüllt wird. Vor der Erfüllung sind alle Schenkungsversprechen ohne notarielle Beurkundung unwirksam. Man könnte also dem Kassierer im Supermarkt schriftlich unter 100 Zeugen versprechen, ihm 1 Mio. Euro zu schenken. Erfolgreich einklagen könnte der zunächst vermutlich hocherfreute Kassierer die Erfüllung des Schenkungsversprechens jedoch nicht, da es an der notariellen Beurkundung fehlt, solange dem Kassierer die Million nicht sofort „in die Hand gedrückt“ wurde. Die Freude des Kassierers über das schriftliche Schenkungsversprechen in unserem Beispiel wäre also nur von kurzer Dauer.

2. Glücksspielverträge, §§ 762, 763 BGB

Die meisten haben sicher schon mal den Spruch „Wettschulden sind Ehrenschulden“ gehört. Dies entspricht auch der Gesetzeslage. Nicht jedoch, weil man besonders „ehrbar“ ist, wenn man Wettschulden hat. Nein, vielmehr sind Wettschulden nach § 762 BGB „Ehrenschulden“, weil eine Wette oder ein Spiel eine Verbindlichkeit nicht begründen kann. Jedoch Vorsicht: Das auf Grund der Wette Geleistete kann dennoch nicht mit der Begründung zurückgefordert werden, dass gar keine Verbindlichkeit besteht. Und Achtung: Ein Lotterievertrag oder ein Ausspielvertrag ist verbindlich, wenn die Lotterie oder die Ausspielung staatlich genehmigt ist.

3. Verlobung, § 1297 BGB

Die Verlobung ist ein Versprechen, die Ehe miteinander einzugehen und das gesamte Leben zusammen zu verbringen. Doch auch das Verlöbnis ist eine unvollkommene Verbindlichkeit. Entscheidet sich die Frau nach dem Verlöbnis um, und will doch nicht mehr heiraten, kann der Verlobte nur vergeblich auf Eingehung der Ehe klagen.

4. Heiratsvermittlung, § 656 BGB

Die Reglung im Glücksspiel ähnelt sehr der gesetzlichen Regelung zu Hochzeitsmaklerverträgen. Der Nachweis der Möglichkeit der Eheschließung kann keine Verbindlichkeit begründen. Diese gesetzliche Regelung vermeiden die einschlägigen Partnerschaftsbörsen dadurch, dass das Geld schon vorher für die reine Dienstleistung und Unterbreitung der Vermittlungsvorschläge geschuldet wird. Das bereits geleistete kann auch hier nicht zurückgefordert werden. Anders zu beurteilen sind sonstige Maklerverträge, etwa mit Immobilienmaklern. Ob und wann die Provisionen zu zahlen sind, hängt zwar vom Einzelfall ab. Jedoch entsteht durch einen wirksamen Immobilienmaklervertrag (im Gegensatz zur Heiratsvermittlung) ein echter einklagbarer Anspruch.

5. Verfügung über das Vermögen eines Ehegatten, § 1365 BGB

Auch durch bloße Eheschließung kann man in seiner eigenen Verfügungsbefugnis beschränkt sein, ohne es zu wissen. Denn § 1365 Abs. 1 BGB sieht vor, dass ein Ehegatte  sich nicht ohne Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichten kann, über sein gesamtes Vermögen zu verfügen. Ohne Zustimmung eingegangene Verpflichtungen können also nur wirksam erfüllt werden, wenn der Ehegatte in das Geschäft einwilligt. Das bedeutet, selbst wenn dem einen Ehegatten das Familienheim (oder ein beliebiger sonstiger Vermögensgegenstand) alleine gehört, kann der andere Ehegatte mitentscheiden, ob das Geschäft durchgeführt werden darf, soweit der Vermögensgegenstand das ganzes Vermögen des Verfügenden darstellt. Wer hier nicht gezwungen sein will, seinen Ehegatten um Zustimmung für ein solches Rechtsgeschäft zu bitten, hat aber die Möglichkeit, den § 1365 BGB ehevertraglich auszuschließen.

6. Formlose Grundstücks- und Gesamtvermögensgeschäfte, § 311b BGB

Ähnlich wie bei Schenkungsversprechungen und der Verfügung über Vermögen eines Ehegatten regelt § 311b BGB weitere Fälle, in denen eine mündliche oder gar schriftliche Vereinbarung zur Wirksamkeit des Geschäftes nicht ausreicht.

a) Ein Vertrag etwa, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben, bedarf der notariellen Beurkundung. Ohne die Beachtung der Formvorschrift geschlossene Verträge werden nur dann wirksam, wenn Auflassung und Eintragung im Grundbuch tatsächlich erfolgen. Wird also ein Hausgrundstück über E-Bay angeboten und ist ein Interessent am Ende des Auktionszeitraumes mit 1,00 Euro Höchstbietender, so ist der Vertrag solange unwirksam, bis der Verkäufer das Grundstück im Rahmen einer notariellen Auflassung überträgt und der Erwerber im Grundbuch eingetragen wird (was beim Kaufpreis von einem Euro vermutlich nicht passieren würde). Eine Möglichkeit, den E-Bay-Anbieter der Immobilie klageweise zur Übereignung zu zwingen, gibt es hier nicht.

Dies steht im Gegensatz zu E-Bay-Geschäften über „Mobilien“, also beweglichen Sachen. Ginge es bei unserem eben geschilderten E-Bay-Fall nicht um ein Grundstück, sondern stattdessen um einen Porsche 911 turbo, bei dem die E-Bay-Auktion mit einem Höchstgebot von 1,00 Euro geendet hätte, wäre der Verkäufer (einklagbar) verpflichtet, den Wagen zum Kaufpreis von einem Euro zu übereignen. Der Anbieter hätte hier lediglich noch die Möglichkeit zu behaupten, er hätte sich bei Erstellung des Angebotes irgendwie geirrt, wobei er diese Behauptung dann auch beweisen können müsste (siehe hierzu auch meinen Beitrag zum Thema Vertragsschluss über E-Bay).

b) Sogar unheilbar nichtig ist das Versprechen, sein künftiges Vermögen, oder einen Teil davon an einen Dritten zu übertragen oder mit einem Nießbrauch zu belasten, § 311b Abs. 2 BGB. Die Verpflichtung, sein gegenwärtiges Vermögen ganz oder teilweise zu übertragen, ist zwar nicht nichtig, bedarf aber zu seiner Wirksamkeit der notariellen Beurkundung, ähnlich wie beim Schenkungsversprechen.

Fazit:

Der Grundsatz „Verträge sind einzuhalten“ hat schon seine Berechtigung. Denn in den meisten Fällen trifft er auch zu, sodass der Vertragspartner auch seine Rechte aus dem Vertrag (notfalls gerichtlich) geltend machen und durchsetzen kann. Oft sind jedoch auch Formvorschriften einzuhalten, die den Vertragschließenden im Einzelfall ggf. aber gar nicht bewusst sind. Seltener kommt es sogar zu Verträgen, bei denen das Gesetz selbst schon gar nicht vorsieht, dass man die in dem Vertrag vereinbarten Pflichten erfolgreich gerichtlich durchsetzen können soll. Solche Verträge sind jedoch (zum Glück) die Ausnahme. Bei Unsicherheiten hinsichtlich der Wirksamkeit eines Vertrages im konkreten Einzelfall, zögern Sie nicht, mich anzusprechen.

Modernisierung des Personengesellschaftsrechtes

16.09.2021 – 22:44 Uhr

Neuregelungen, bekannte Gesichter und Handlungsbedarf für Unternehmen

Die lange herbeigesehnte Reform des Personengesellschaftsrechtes (MoPeG) ist am 10.08.2021 verkündet worden. Einen kurzen Überblick über die wichtigsten Neuerungen und ggf. bestehenden Handlungsbedarf habe ich in diesem Beitrag zusammengestellt:

Allgemein kann man sagen, dass mit der Reform überwiegend nur die zum Personengesellschaftsrecht bereits durch Rechtsprechung und Praxis entwickelten Grundsätze in Gesetzesform „gegossen“ wurden. Tatsächliche Änderungen hat dies in der Praxis insoweit also nicht zur Folge. Einige interessante Neuerungen sind jedoch sehr wohl zu beachten.

Tatsächlich neu ist die zukünftig erstmals bestehende Möglichkeit  für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), sich (wie die Personenhandelsgesellschaften OHG und KG) in einem Register eintragen zu lassen. Die Eintragung ist grundsätzlich freiwillig, wobei es doch in der Praxis (oft) zu Konstellationen kommen wird, aus denen eine Eintragungspflicht für die jeweilige GbR folgt. Nach der Neufassung von § 47 Grundbuchordnung (GBO) soll nämlich zukünftig eine Eintragung der GbR als Eigentümerin ins Grundbuch nur noch erfolgen, wenn die GbRs im Gesellschaftsregister registriert sind. Dies gilt gleichermaßen für Ersteintragungen und nachträgliche Änderungen, weshalb die Neufassung der GBO – jedenfalls für solche GbRs, die Grundstücke halten, über kurz oder lang – eine Eintragungspflicht durch die Hintertür bewirkt.

Gleiches gilt für andere in öffentlichen Registern eingetragenen Rechte, zB dem Handelsregister. Hält eine GbR daher Geschäftsanteile an Kapitalgesellschaften (zB GmbH, AG), Beteiligungen an Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG) oder Partnerschaftsgesellschaften kann es ebenso wie bei Grundstücks-GbRs zu einer Eintragungspflicht durch die Hintertür kommen. Dies spätestens beim nächsten Gesellschafterwechsel durch Verkauf, Kündigung oder Tod oder bei Veräußerung sowie bei Erwerb einer Beteiligung oder einer Immobilie.

Die eingetragene GbR hat nach Eintragung den Zusatz „eGbR“ zu führen. Die Eintragung hat verschiedene positive Folgen (z.B. erhöhte Umwandlungsfähigkeit) aber auch negative Folgen (z.B. Publizität, Transparenzregisterpflicht), weshalb die Vor- und Nachteile einer Eintragung gut abgewogen werden sollten.

Da das MoPeG zum 01.01.2024 in Kraft tritt, haben die Unternehmen nur noch bis zum Ablauf des 31.12.2023 Zeit, sich auf die Rechtsänderungen einzustellen.

Für jeden Inhaber eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft – sei er vollumfänglich persönlich oder auch nur beschränkt haftender Gesellschafter – stellt sich ab sofort also die Frage, ob in der eigenen Gesellschaft bis zum 31.12.2023 oder ab dem 01.01.2024 Handlungsbedarf besteht.

Bis zum 31.12.2023 ist beispielsweise für die Gesellschafter von GbRs, OHG und KG zu prüfen, ob eine Überarbeitung der bestehenden Gesellschaftsverträge notwendig ist, weil z.B. vertraglich von der neuen Gesetzeslage abgewichen werden soll.

Mit Blick auf die Änderung der GBO (s.o.) ist bei GbRs mit Grundstücksbesitz und/oder sonstigen insbesondere im Grundbuch eingetragenen Rechten zu prüfen, ob alle Grundbücher auf dem neusten Stand sind. Absehbare Gesellschafter-Wechsel sollten vor dem 31.12.2023 ins Grundbuch eingetragen werden, um nicht ungewollt in die Eintragungspflicht zum Gesellschaftsregister und damit auch zum Transparenzregister zu „rutschen“.

Auch hinsichtlich der Familiengesellschaften (soweit als GbR organisiert) sind – insbesondere mit Blick auf die gewünschte oder eher ungewünschte Publizität/Transparenz der Gesellschaft ggf. Umstrukturierungen zu prüfen.

Ab dem 01.01.2024 können sich Zusammenschlüsse der Freien Berufe (insbesondere Rechtsanwälte) erstmals als Personenhandelsgesellschaft (OHG oder KG) ins Handelsregister eintragen lassen. Mit Blick auf die Neueinführung der eGbR bietet eine Rechtsanwalts OHG nicht viele Vorteile, wohingegen eine (GmbH & Co.) KG doch ihre Vorzüge haben kann. Die Rechtsanwälte können sich nach der Neufassung erstmals ernsthaft mit dieser Möglichkeit befassen, obgleich das Gesetz hier die konkreten Regelungen den Berufsordnungsgebern überlässt, weshalb die jeweiligen Berufsgruppen erst auf die konkrete Umsetzung durch die entsprechende Selbstorganisationseinheit warten mussten, was aber nunmehr bereits erfolgt ist.

Wie oben angedeutet, müssen ab dem 01.01.2024 alle GbRs mit Grundstücksbesitz und/oder sonstigen in öffentlichen Registern eingetragenen Rechten vor Eintragung der ersten im Register eintragungspflichtigen Rechtsänderung im neuen Gesellschaftsregister eingetragen werden.

Unabhängig davon werden die Gesellschafter alle bestehenden und neu zu gründenden GbRs prüfen müssen, ob die Gesellschaft im neu eingeführten Gesellschaftsregister eingetragen werden sollte.

Im Rahmen des MoPeG wurde auch (wieder einmal) das Geldwäschegesetz (GwG) verschärft. Eine eingetragene GbR (eGbR) hat ab dem 01.01.2024 ihre(n) wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister einzutragen. Auch dieser Aspekt ist bei der Entscheidung über die Eintragung einer GbR zum Gesellschaftsregister einzuberechnen.

Ab dem 01.01.2024 wird auch die Umwandlungsfähigkeit der (eingetragenen) GbR erweitert. Die eGbR wird im Sinne des Umwandlungsgesetzes umwandlungsfähig sein. Steht eine Umwandlung einer GbR an, kann dies (eleganter als zuvor) durch den kurzen Zwischenschritt über die eGbR bewerkstelligt werden, sodass (im Gegensatz zu vorher) die „Klaviatur“ des Umwandlungsgesetzes auch im Rahmen der Umwandlung der GbR „bespielt“ werden kann. Dies bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass die reine Absicht, die Vorzüge des Umwandlungsgesetzes „irgendwann vielleicht“ in Anspruch nehmen zu wollen, kein Argument dafür sein kann, die Eintragung als eGbR frühzeitig vorzunehmen.

Fazit:

Die Gesetzes-Änderungen durch das MoPeG sind umfangreich und vielfältig, ändern aber oft nur wenig oder gar nichts im Vergleich zur bereits zuvor gelebten Praxis der Rechtsprechung, Literatur und Vertragsgestaltung. Einige Änderungen – insbesondere die Möglichkeit der Registrierung der GbR im neu geschaffenen Gesellschaftsregister vermag jedoch einige „Wellen zu schlagen“. Gesellschafter von Personengesellschaften sind nun aufgerufen, ggf. bestehenden konkreten Handlungsbedarf zu erkennen und entsprechend tätig zu werden.

Sollten Sie unsicher sein, ob für Ihr Unternehmen in diesem Rahmen Handlungsbedarf besteht, sprechen Sie mich gerne an.