Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)

16.07.2021 – 16:15 Uhr

Einbeziehung in den Vertrag, Wirksamkeit und Folgen der Rechtswidrigkeit

Allgemein:

AGB begegnen jedem von uns ständig im Rechtsverkehr – ob Verbraucher oder Unternehmer, ob privat oder geschäftlich. Schließt jemand (in aller Regel als Anbieter einer Ware oder Dienstleistung) dauernd gleichartige Geschäfte ab, ist es für denjenigen angenehm, zeitsparend und praktisch, neben den für den Vertrag unbedingt nötigen Vereinbarungen (Hauptvertragsinhalt) – wie Vertragsgegenstand, Vertragsparteien und Gegenleistung –, weitere Regelungen (Vertrags-Nebenabreden) – wie Fälligkeit, Verzug, Lieferbedingungen, Kündigungsbedingungen und vieles mehr – dem Vertrag so zu Grunde zu legen, dass alle geschlossenen Verträge (hoffentlich) für jede Eventualität und jeden möglichen Einzelfall eine passende Regelung bereithalten. Diese Zusammenfassung von Vertrags-Nebenabreden, die zur vielfachen Verwendung in gleichartigen Rechtsgeschäften bestimmt ist, und die die eine Vertragspartei der anderen Vertragspartei einseitig vorschreibt bzw. stellt, nennt man AGB. Die Vertragspartei, die die AGB stellt, nennt man auch den „Verwender“.

Die Alternative zu AGB wäre es, jede einzelne Klausel für jeden Vertrag erneut individuell auszuhandeln und zu vereinbaren.

AGB schaffen eine gewisse Rechtssicherheit. Denn es ist besser, wenn der Vertrag für eine konkret eintretende Situation eine Regelung bereithält, als wenn er im Einzelfall keine Lösung vorsieht. Im letzteren Fall kann es schnell zum Streit zwischen den Vertragsparteien kommen. Individuell werden meist nur wenige Regelungen vereinbart. Die „Chance“ dass AGB eine Spezialvereinbarung für einen Sonderfall enthalten, ist daher weitaus höher, als bei reinen Individualverträgen.

Alle individuell ausgehandelten Vertragsbestandteile, insbesondere auch der Hauptvertragsinhalt, sind einer gerichtlichen Kontrolle (u.a. mit Ausnahme der Sittenwidrigkeit) entzogen, also nicht gerichtlich überprüfbar.

AGB im o.g. Sinne unterliegen jedoch der gerichtlichen Kontrolle nach den gesetzlichen Regelungen der §§ 305-310 BGB. Dies ist auch durchaus sinnvoll, da die meisten (insbesondere die Verbraucher) das berühmte „Kleingedruckte“ nicht lesen und ungesehen akzeptieren oder erst gar nicht zur Kenntnis nehmen, dass AGB in den Vertrag einbezogen werden sollen.

Nachfolgend werden das System der Einbeziehung, der Wirksamkeit und die Folgen der Rechtswidrigkeit von AGB-Klauseln im Überblick beschrieben.

Dieser Beitrag ersetzt jedoch natürlich keine Rechtsberatung und soll nur als Orientierung dienen. Bei konkreten Rechtsfragen sollte stets der Anwalt des Vertrauens befragt werden.

Einbeziehung in den Vertrag:

Wie man AGB definiert, wurde bereits im vorigen Abschnitt behandelt. Nun widmen wir uns der Frage, wann die AGB eigentlich in der Regel zu beachten sind.

Die AGB gelten nämlich nur dann, wenn sie wirksam in den Vertrag einbezogen wurden.

Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat.

Die Einbeziehung steht unter unterschiedlichen Voraussetzungen, je nachdem, ob die AGB gegenüber einem Verbraucher oder einem Unternehmer gelten sollen.

Insbesondere bei Verbrauchern werden die AGB grundsätzlich nur dann Bestandteil des Vertrages, wenn der Verwender (1) bei Vertragsschluss die andere Vertragspartei ausdrücklich auf die AGB hinweist, (2) der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen und (3) wenn die andere Vertragspartei mit der Geltung der AGB einverstanden ist.

Oft – z.B. in Supermärkten oder anderen Ladenlokalen – ist ein ausdrücklicher Hinweis an jeden Kunden wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich. Schließlich kann z.B. der Kassierer an der Supermarktkasse schlichtweg nicht jeden einzelnen Kunden auf die Geltung der AGB hinweisen und ihm eine Kopie derselben „in die Hand drücken“. In diesen Fällen reicht dem Gesetz ein deutlich sichtbarer Aushang am Orte des Vertragsschlusses.

Die Möglichkeit sich von den AGB Kenntnis zu verschafft, ist bereits gegeben, wenn die AGB als Aushang vorhanden sind, oder (jedenfalls im Online-Handel) durch Verweis auf die im Internet abrufbaren AGB. Wird auf die eigene Homepage verwiesen, muss selbstverständlich die aktuelle Version auch leicht abrufbar sein. Zudem schreibt das Gesetz vor, dass der Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigen muss. Hängt ein Aushang der AGB im Ladenlokal, werden diese für einen Blinden beispielsweise nicht gelten, wenn sie diesem durch den Verwender nicht vorgelesen oder in sonst für den Blinden wahrnehmbarer Form zur Verfügung gestellt werden.

Schließt der Kunde einen Vertrag ab, ist – bei Vorliegen der sonstigen o.g. Voraussetzungen – auch davon auszugehen, dass er mit der Geltung der AGB einverstanden ist. Die Geltung der AGB stillschweigend zu missbilligen, den Vertrag aber trotzdem zu schließen, wird denjenigen nicht vor der Geltung der AGB bewahren. Es ist im Gegenteil davon auszugehen, dass der Verwender den Vertrag nur schließt, wenn seine AGB gelten und sonst im Zweifel auf den Vertragsschluss verzichtet.

Sonstige Sonderreglungen gelten u.a. im Bahnverkehr sowie bei bestimmten, Elektrizitäts-, Gas-, Post- und Telekommunikationsanbietern. Hier sind die oben beschriebenen Voraussetzungen ggf. für die Einbeziehung nicht erforderlich.

Die oben beschriebenen Voraussetzungen der Einbeziehung der AGB gelten auch dann nicht, wenn AGB gegenüber einem Unternehmer gestellt werden. Hier gelten die normalen gesetzlichen Vorschriften zum Vertragsschluss. Für Unternehmer gelten daher abweichende Regelungen. Unternehmern traut der Gesetzgeber zu, dass sie sich mit den Marktgepflogenheiten und dem Prozedere des Vertragsschlusses auskennen und daher weniger schutzwürdig sind.

Wirksamkeit / Unwirksamkeit:

Sind die AGB im Grunde in den Vertrag einbezogen, stellt sich die weitere Frage, ob die jeweilige und im konkreten Fall vielleicht einschlägige Klausel wirksam oder doch unwirksam ist.

Als erster Grundsatz gilt zunächst, dass Bestimmungen in AGB, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil werden. Zweifel bei der Auslegung der AGB gehen immer zu Lasten des Verwenders.

Ein prominentes Beispiel ist der berühmte Waschmaschinen-Fall. Verkauft man ein Zeitungs-Abonnement kann man nicht wirksam in seine AGB schreiben, dass der Kunde sich beim Abschluss des Abonnements zusätzlich verpflichtet, eine Waschmaschine käuflich zu erwerben. Mit einer solchen Regelung muss der Kunde nicht rechnen. Diese und ähnliche Klauseln werden nie Vertragsbestandteil werden.

Ansonsten sieht das Gesetz in den §§ 307 bis 309 BGB differenzierte Wertungen für die Rechtwidrigkeit von AGB-Klauseln vor. Um nur ein Beispiel zu nennen, darf der Verwender in seinen AGB nicht vorsehen, dass der Kunde eine Vertragsstrafe zu zahlen hat, wenn er den Vertrag ordentlich kündigt. Diesen und viele weitere Spezialfälle hält das Gesetz zur Bewertung von AGB Klauseln bereit.

Für alle nicht geregelten Fälle sieht § 307 BGB allgemeine Bewertungs-Grundsätze vor. Bestimmungen in AGB sind hiernach unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Eine unangemessene Benachteiligung ist hier im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Zu dieser allgemeinen und doch allumfassenden Regelung sind zu vielen Sonderkonstellationen Gerichtsurteile ergangen, die man nicht alle aufzählen kann. Zu Fragen im konkreten Einzelfall sollte ein Rechtsbeistand zu Rate gezogen werden.

An dieser Stelle ist auch sicher interessant zu wissen, dass die gesamten, in diesem Beitrag beschriebenen AGB-Regeln, auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen nicht anzuwenden sind. Diese Verträge werden daher nur im gesamten betrachtet, ohne dass die Wirksamkeit jeder einzelnen Klausel separat überprüft werden kann.

Folgen der Rechtswidrigkeit von Klauseln:

Ist eine Klausel nach den o.g. Kriterien unwirksam, ist sie nicht anzuwenden, wobei der Vertrag im Übrigen wirksam bleibt. Soweit die Bestimmungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam sind, richtet sich der Inhalt des Vertrags nach den gesetzlichen Vorschriften.

In Sonderfällen kann jedoch auch dann der gesamte Vertrag unwirksam sein, nämlich wenn das Festhalten an ihm auch unter Berücksichtigung der dann geltenden gesetzlichen Reglungen eine unzumutbare Härte für eine Vertragspartei darstellen würde. Dies stellt aber den äußersten Ausnahmefall dar.

Fazit:

Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hat viele Facetten und sollte niemals in seiner Folgenschwere unterschätzt werden. Ob man die Wirksamkeit von AGB in einem bereits geschlossenen Vertrag überprüfen möchte, oder ob man sicherstellen will, dass die eigenen AGB einer gerichtlichen Überprüfung standhalten; in jedem Fall ist zu empfehlen, einen Expertenrat einzuholen.

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